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Schema Diebstahl

Prüfungsschema: Diebstahl, § 242 StGB

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Aktualisiert am 
2.1.2025
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Prüfungsschema § 242 StGB:

Objektiver Tatbestand fremde bewegliche Sache  Wegnahme Subjektiver Tatbestand Vorsatz Zueignungsabsicht Aneignung mit Absicht Enteignung mit Eventualvorsatz Objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung und Vorsatz diesbezüglich Rechtswidrigkeit  Schuld Gegebenenfalls Strafanträge nach §§ 247, 248a StGB Strafzumessungsregel § 243 StGB: Besonders schwerer Fall des Diebstahls Verwirklichung eines Regelbeispiels i.S.v. § 243 Abs. 1 S. 2 StGB (oder unbenannter besonders schwerer Fall) Kein Ausschluss § 243 Abs. 2 StGB
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Objektiver Tatbestand

Was ist eine bewegliche Sache

Eine bewegliche Sache gem. § 242 StGB ist jeder körperliche Gegenstand, der tatsächlich fortzubewegen ist. Tiere sind trotz § 90a BGB Sachen im strafrechtlichen Sinne. Strom, Forderungen (z.B. Bankguthaben) und sonstige Rechte (z.B. Patente, Marken) und virtuelle Güter (z.B. Profile in sozialen Netzwerken, NFTs oder Dateien) sind keine Sachen.

Wann ist eine Sache fremd?

Fremd ist eine Sache für den Täter, wenn sie wenigstens mit Miteigentum einer anderen Person steht. Nicht fremd sind damit ausschließlich Sachen, die im Eigentum des Täters stehen, oder iSd §§ 958 ff. BGB herrenlose Sachen.

Wie wird Wegnahme definiert?

Wegnahme ist der Bruch fremden und die gleichzeitige oder spätere Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams.

Somit müssen drei Voraussetzungen vorliegen:

  • Aufhebung alten Gewahrsams
  • Begründung neuen Gewahrsams
  • Durch Bruch

Wie wird Gewahrsam definiert?

Gewahrsam ist die tatsächliche Herrschaft über eine Sache einer natürlichen Person, die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragen wird, was nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen ist.

  • Gelockerter Gewahrsam: Der Gewahrsam besteht fort, wenn Sachen im eigenen Herrschaftsbereich verlegt werden.
  • Verlorene Sachen: An verlorenen Sachen besteht zwar kein Gewahrsam des ursprünglichen Inhabers mehr, wenn die Sache jedoch im Herrschaftsbereich eines anderen (z.B. im Kino) verloren wird, ist zu untersuchen, ob dieser generellen Gewahrsamswillen bezüglich sämtlicher Sachen in seinem Herrschaftsbereich hat.

Wann wird Gewahrsam gebrochen?

Gewahrsam wird gebrochen, wenn er ohne Willen eines Inhabers aufgehoben wird. Entscheidend ist der innere Wille des Gewahrsamsinhabers. Deshalb ist etwa in den sog. „Tankstellenfällen“ ein Diebstahl stets abzulehnen.

  • Beobachtung: Die Beobachtung steht einem Diebstahl nicht entgegen. Diebstahl ist kein heimliches Delikt.
  • Einverständnis: Ist der Gewahrsamsinhaber Einverstanden, ohne dass der Täter davon weiß, kommt lediglich ein (untauglicher) Versuch in Betracht.
  • Automaten: Bei Automaten ist ein Einverständnis mit der Ausgabe von Geld oder Ware nur zu bejahen, wenn der Automat ordnungsgemäß bedient wird. Dies gilt zum Beispiel auch für die Verwendung von SB-Kassen.
  • Mitgewahrsam: Gleichrangiger Mitgewahrsam (z.B. Mitinhaber eines Geschäfts oder ein Ehepaar) und übergeordneter Gewahrsam (z.B. Arbeitnehmer im Verhältnis zum Arbeitgeber) können gebrochen werden. Untergeordneter Gewahrsam kann nicht gebrochen werden, hier kommt nur eine Unterschlagung nach § 246 StGB in Betracht.

Wann wird neuer Gewahrsam begründet?

Neuer Gewahrsam ist begründet, wenn der Täter (oder ein Dritter) die tatsächliche Sachherrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass ihrer Ausübung keinerlei wesentliche Hindernisse mehr entgegenstehen und der bisherige Gewahrsamsinhaber auf die Sache nicht mehr einwirken kann ohne zuvor die Verfügungsgewalt des Täters (oder des Dritten) zu beseitigen.

Beispiel: So besteht etwa neuer Gewahrsam, wenn Gegenstände zur eigenen Verfügung in der Kleidung oder einer sonstigen Gewahrsamsenklave gesteckt werden.

Subjektiver Tatbestand

Vorsatz

Der Täter muss zumindest mit Eventualvorsatz bezüglich der Wegnahme einer fremden beweglichen Sache gehandelt haben.

Was ist die Zueignungsabsicht?

Die Zueignungsabsicht setzt sich aus der Aneignungsabsicht, dem Enteignungsvorsatz und dem Vorsatz bezüglich der objektiven Rechtswidrigkeit der Zueignung zusammen. Beim Diebstahl handelt es sich insofern um ein Delikt mit überschießender Innentendenz, da die Zueignungsabsicht keine Entsprechung im objektiven Tatbestand hat.

Was ist die Aneignungsabsicht?

Aneignungsabsicht liegt vor, wenn der Täter die Sache selbst (Sachsubstanz) oder den in ihr verkörperten funktionsspezifischen Wert (Sachwert) seinem Vermögen oder dem Vermögen eines Dritten wenigstens vorübergehend einverleiben will. Das setzt die zumindest vorübergehende absichtliche Anmaßung einer eigentumsähnlichen Verfügungsmacht voraus.

Beispiele:

  • An der Aneignungsabsicht fehlt es z.B. wenn der Täter die Sache direkt zerstören will.
  • Typische Fälle, in denen sich der Täter zwar nicht die Sachsubstanz jedoch den Sachwert einverleiben will, sind die sog. Sparbuch-, Geldkarten-, Telefonkartenfälle. Achtung: Eine EC-Karte hat keinen in ihr verkörperten Sachwert, da diese nur einen „Schlüssel“ zum Konto darstellt.

Was ist der Enteignungsvorsatz?

Enteignungsvorsatz ist zu bejahen, wenn der Täter den Berechtigten zumindest mit Eventualvorsatz auf Dauer aus seiner wirtschaftlichen Position verdrängen will. Dies ist u.a. dann abzulehnen, wenn der Täter die Sache dem Eigentümer zurückgeben möchte. In diesen Fällen ist jedoch stets an den unbefugten Gebrauch eins Kraftfahrzeugs oder ein Fahrrads nach § 248b Abs. 1 StGB zu denken.

Objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung

Die Zueignung ist rechtswidrig, wenn sie gegen die dingliche Rechtslage verstößt und kein Übereignungsanspruch besteht. Problematisch sind hier v.a.:

  • Gattungsschulden: Da der Täter noch keinen auf eine bestimmte Sache konkretisierten Anspruch hat, ist die Zueignung einer beliebigen Sache aus der Gattung nach h.M. rechtswidrig.
  • Geldschulden: Die h.M. behandelt Geldschulden zwar grundsätzlich so wie sonstige Gattungsschulden, lehnt jedoch regelmäßig einen Vorsatz bezüglich der Rechtswidrigkeit der Zueignung ab, da die Allgemeinheit glaubt, sie dürfe ihre Ansprüche durch die Ansichnahme beliebiger Geldscheine befriedigen.

Rechtswidrigkeit und Schuld

Bezüglich Rechtswidrigkeit und Schuld ergeben sich keine Besonderheiten.

Wann ist beim Diebstahl ein Strafantrag erforderlich?

Grundsätzlich erfordert der Diebstahl keinen Strafantrag. Von diesem Grundsatz bestehen zwei Ausnahmen:

  • Geringwertige Sache: Hat der Täter eine geringwertige Sache (je nach Auffassung Wert max. 25€ oder 50€) gestohlen, wird die Tat nach § 248a StGB nur auf Antrag oder bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung verfolgt.
  • Angehörige: In Fällen in denen der Geschädigte ein Angehöriger, der Vormund oder der Betreuer ist oder er mit demTäter in häuslicher Gemeinschaft lebt, wird die Tat gemäß § 247 StGB nur auf Antrag verfolgt.

Für das Strafantragserfordernis genügt es, wenn entweder der Eigentümer oder der vorherige Gewahrsamsinhaber Strafantrag stellen, da der Diebstahl sowohl Eigentum als auch Gewahrsam schützt.

Was ist der Diebstahl in einem besonders schweren Fall?

Das Vorliegen eines besonders schweren Falls führt dazu, dass der Strafrahmen des Diebstahles deutlich ansteigt.

Erforderlich ist das Vorliegen der folgenden drei Voraussetzungen:

  1. Vorliegen eines Regelbeispiels: Dafür muss eine der Nummern des § 243 Abs. 1 StGB vorliegen. Die Regelbeispiele sind allerdings nicht abschließend. Daneben kommen auch unbenannte bes. schwere Fälle in Betracht. Das Vorliegen dieser ist anhand einer umfassenden Gesamtabwägung aller Zumessungstatsachen nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld zu beurteilen.
  2. Subjektives Element: Auch wenn es sich bei den Regelbeispielen nicht um Tatbestandsmerkmale handelt, muss der Täter mit (Quasi-)Vorsatz gemäß §§ 15, 16 StGB analog handeln. Dafür genügt grundsätzlich bedingter Vorsatz.
  3. Kein Ausschluss des besonders schweren Falls: Das Vorliegen eines besonders schweren ist gemäß § 243Abs. 2 StGB ausgeschlossen, wenn sowohl der eingetretene Vermögensschaden als auch der erstrebte Vermögensvorteil geringwertig sind (je nach Auffassung Wert max. 25€ oder 50€).

Definitionen für § 243 StGB

Wie ist die Definition von Umschlossener Raum?

Jedes Raumgebilde, das (auch) dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden, und das mit Vorrichtungen umgeben ist, die das Eindringen von Unbefugten abwehren sollen, ist ein umschlossener Raum.

Wie ist die Definition von Einbrechen?

Einbrechen ist das gewaltsame – mit nicht ganz unerheblicher Kraftentfaltung oder entsprechendem Werkzeugeinsatz verbundene – nicht notwendigerweise substanzverletzende Öffnen oder Erweitern einer dem Zutritt entgegenstehenden Umschließung durch Schaffung eines Zugangs oder einer Zugriffsmöglichkeit von außen.

Wie ist die Definition von "Einsteigen"?

Einsteigen ist jedes Hineingelangen in den umschlossenen Raum durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung unter Überwindung von Hindernissen, die sich aus der Eigenart der Umschließung ergeben und die den Zugang erheblich erschweren 

Was ist die Definition von ein "falscher Schlüssel"?

Ein falscher Schlüssel sind mechanische Schlüssel aus Metall oder Holz, elektronische Kunststoffkarten oder Transponder und Fernbedienungen, die nicht für die ordnungsgemäße Öffnung des konkreten Verschlusses vorgesehen sind. (Achtung: Missbraucht der Täter einen richtigen Schlüssel ist das Regelbeispiel nicht erfüllt.)

Wie ist die Definition von Sich-Verborgen-Halten?

Sich-Verborgen-Halten ist jedes zum Tatzeitpunkt unbefugter Sich-Verstecken in dem umschlossenen Raum in einer Weise, die den Täter den Blicken arglos Eintretender entzieht

Wie ist die Definition von “Verschlossenes Behältnis”?

Ein verschlossenes Behältnis ist ein zur Aufnahme von Sachen dienendes und sie umschließendes Raumgebilde, das nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden, und dessen Inhalt durch ein Schloss oder in sonstiger Weise (z.B. durch Zukleben, festes Verschnüren, Zunageln) gegen den ordnungswidrigen Zugriff von außen gesichert ist.

Was ist eine andere Schutzvorrichtung?

Andere Schutzvorrichtungen sind alle sonstigen besonderen Vorrichtungen, die geeignet oder dazu bestimmt sind, die Wegnahme einer Sache wenigstens zu erschweren, ohne sie – in Abgrenzung zum verschlossenen Behältnis – zu umhüllen (z.B. Fahrradschlösser oder andere physische Sicherungsvorrichtungen, die die Wegnahme verhindern sollen)

Wie ist die Definition von Gewerbsmäßig?

Gewerbsmäßigkeit des Diebstahls liegt (schon bei der ersten Tat) vor, wenn der Täter sich aus der wiederholten Begehung von Diebstählen eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen will

Vorliegen eines unbenannten schweren Falls

Die Regelbeispiele sind nicht abschließend. Daneben kommen auch unbenannte bes. schwere Fälle in Betracht. Das Vorliegen dieser ist anhand einer umfassenden Gesamtabwägung aller Zumessungstatsachen nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld zu beurteilen. Für einen besonders schweren Fall muss das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweichen, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist.

Häufig gestellte Fragen

Wie ist die Definition von Wegnahme?
Die Definition von Wegnahme ist der Bruch fremden und die gleichzeitige oder spätere Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams. 
Wie ist die Definition von Gewahrsam?
Die Definition von Gewahrsam ist die tatsächliche Herrschaft über eine Sache einer natürlichen Person, die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragen wird, was nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen ist. ‍
Können verloren Sachen gestohlen werden?
An verlorenen Sachen besteht grundsätzlich kein Gewahrsam des ursprünglichen Inhabers mehr, sodass sie nur unterschlagen werden können. Wenn die Sache jedoch im Herrschaftsbereich eines anderen (z.B. im Kino) verloren wird, ist zu untersuchen, ob dieser generellen Gewahrsamswillen bezüglich sämtlicher Sachen in seinem Herrschaftsbereich hat, dann ist ein Diebstahl denkbar. 
Wie ist die Definition von Zueignungsabsicht?
Die Definition der Zueignungsabsicht ist die Absicht, sich die Sache jedenfalls vorübergehend zuzueignen, verbunden mit dem Vorsatz, die Sache dem Eigentümer dauerhaft zu entziehen.
Wann liegt ein Diebstahl einer geringwertigen Sache vor?
Eine Geringwertige Sache liegt beim Diebstahl vor, wenn der Wert der Sache nicht über 50 € liegt.