Prüfungsschema für die Fahrlässige Tötung
Prüfungsschema § 222 StGB

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Tod eines Menschen
Der Erfolgseintritt setzt den Tod eines Menschen voraus.
Wie ist die Definition von Kausalität?
Die Definition der Kausalität ergibt sich aus der conditio-sine-qua-non-Formel, danach ist die Handlung des Täters kausal für den Tod, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Tod in seiner konkreten Gestalt entfiele. Es muss also eine ursächliche Verknüpfung zwischen dem Verhalten des Täters und dem eingetretenen Tod bestehen.
Was ist die objektive Sorgfaltspflichtverletzung?
Objektiv sorgfaltswidrig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet.
- Maßstab: Der Maßstab für die erforderliche Sorgfalt ist das Verhalten eines durchschnittlichen besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Situation aus ex-ante Perspektive.
- Objektiv: Der Maßstab ist objektiv und grundsätzlich unabhängig von den individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen des Täters.
- Sonderwissen: Ausnahmsweise wird Sonderwissen und -können des Täters berücksichtigt (z.B. bei einem Arzt). Wenn der Täter über spezielle Kenntnisse oder Fähigkeiten verfügt, muss er diese bei der Beachtung der erforderlichen Sorgfalt einbringen.
- Übernahmeverschulden: Ein Täter kann sich auch nicht auf das Fehlen zwingend notwendiger Kenntnisse oder Fähigkeiten füreine Tätigkeit berufen (sog. Übernahmeverschulden).
Was ist die objektive Vorhersehbarkeit?
Der Tod muss in seiner konkreten Gestalt und der Kausalverlauf in seinen wesentlichen Zügen objektiv voraussehbar gewesen sein. Es muss also in der tatsächlichen Situation Anlass und Möglichkeit bestanden haben, die konkret drohende Tatbestandsverwirklichung zu erkennen.
Folgende Aspekte sind hierbei zu berücksichtigen:
- Verhalten Dritter: Vorschriftswidriges Verhalten Dritter ist grundsätzlich nicht vorhersehbar.
- Normen als Indiz: Gesetzliche Verhaltensnormen oder untergesetzliche Verhaltensregeln, die dem Rechtsgüterschutz dienen, haben Indizwirkung für die Frage, ob ein Sorgfaltsverstoß vorliegt und der Tod vorhersehbar ist.
- Gefährlichkeit: Auch ein hoher Grad der Gefährlichkeit hat Indizwirkung, dabei gilt, je höher die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts, desto eher ist der Tod vorhersehbar.
- Adäquanztheorie: Nur wenn der Erfolg außerhalb dessen liegt, was nach allgemeiner Lebenserfahrung als möglich und typisch angesehen wird, also auf einer ganz ungewöhnlichen Verkettung von Umständen beruht, entfällt die Vorhersehbarkeit (sog. Adäquanztheorie).
Wann liegt die objektive Zurechnung vor?
Der eingetretene Erfolg muss gerade auf dem Pflichtverstoß des Täters beruhen. Bei § 222 StGB sind dabei drei Aspekte von hoher Prüfungsrelevanz:
- Schutzzweck der Norm
- Pflichtwidrigkeitszusammenhang
- Eigenverantwortliche Selbstgefährdung
Was ist der Schutzzweck der Norm?
In dem Prüfungspunkt Schutzzweck der Norm wird geprüft, ob die verletzte Sorgfaltsnorm es zumindest auch bezweckt, Erfolge, wie den konkret eingetretenen Erfolg, zu verhindern. Hier ergeben sich bei Vorliegen der vorherigen Voraussetzungen selten Probleme.
Denkbar sind allenfalls Konstellationen, in denen sich ein anderes Risiko realisiert, das zum allgemeinen Lebensrisiko gehört (z.B. Der Täter bricht dem Opfer bei einem Unfall das Bein und das Opfer stirbt dann an einer Blutvergiftung, die auf eine grob fehlerhafte Behandlung im Krankenhaus zurückzuführen ist.)
Was ist der Pflichtwidrigkeitszusammenhang?
Mit dem Pflichtwidrigkeitszusammenhang wird geprüft, ob sich in dem Tod die rechtlich missbilligte Gefahr realisiert hat. Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang fehlt dann, wenn der Taterfolg unvermeidbar war, also auch bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten eingetreten wäre. Der Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Täters und dem Erfolg entfällt nach der h.M., wenn die nicht ganz fernliegende Möglichkeit besteht, dass der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre.
Nach einer Meinung in der Literatur, der sog. Risikoerhöhungslehre, genügt es zur Bejahung des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs wenn die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts geringer gewesen wäre, hätte der Täter sich sorgfaltsgemäß verhalten. Die ist jedoch mit dem Wortlaut des Gesetzes („durch Fahrlässigkeit“) nicht zu vereinbaren.
Was ist eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung?
Eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung liegt vor, wenn das Opfer die Gefahr durch sein eigenes Verhalten bewusst und freiwillig herbeiführt. Entscheidend ist, dass das Opfer die alleinige Tatherrschaft über die gefährliche Situation hat und das Risiko erkennt und seine Entscheidung frei von Zwang trifft. Die objektive Zurechnung entfällt im Falle einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung.
Hat der Täter die Tat zumindest mitbeherrscht, liegt allenfalls eine einverständliche Fremdgefährdung vor. Diese ist nach h.M. nur unter den Voraussetzungen einer rechtfertigenden Einwilligung zulässig, sodass insbesondere die Grenzen der §§ 216, 228 StGB zu beachten sind (m.M. wie eigenverantwortliche Selbstgefährdung).
Besonderheiten in der Rechtswidrigkeit
Bei § 222 StGB sind die gleichen Rechtfertigungsgründe möglich wie bei allen anderen Delikten. Bei Fahrlässigkeitsdelikten, und somit auch bei § 222 StGB, ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei den Rechtfertigungsgründen das subjektive Rechtfertigungselement entbehrlich ist.
Prüfungspunkt: Schuld
Zunächst stellen sich in der Schuld die gleichen Fragen wie bei beim vorsätzlichen Erfolgsdelikt. Daneben sind in jedem Fall folgende beiden Prüfungspunkte zu behandeln:
- Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung
- Subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts.
Anders als im Tatbestand sind hier persönlichen Fähigkeiten und Kenntnisse des Täters zu berücksichtigen.
Der Täter muss nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen in der Lage gewesen sein, sorgfältig zu handeln und die wesentlichen Folgen seiner Tat abzusehen. Bei Übernahmeverschulden muss ererkannt haben können, dass er für die übernommene Tätigkeit nicht qualifiziert ist.