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Schema Betrug

Prüfungsschema für den Betrug nach § 263 StGB

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Tobias Escherich
Aktualisiert am 
24.1.2025
5
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Prüfungsschema Betrug

Objektiver Tatbestand Täuschung über Tatsachen (Dadurch) Irrtum (Dadurch) Vermögensverfügung (Dadurch) Vermögensschaden Subjektiver Tatbestand Vorsatz bezüglich des obj. Tatbestandes Absicht rechtswidriger stoffgleicher Bereicherung  Absicht der Selbst- oder Drittbereicherung Stoffgleichheit zwischen Vermögensschaden und beabsichtigter Bereicherung Objektive Rechtswidrigkeit der Bereicherung und Vorsatz diesbezüglich Rechtswidrigkeit  Schuld Gegebenenfalls Strafanträge nach §§ 263 Abs. 4 i.V.m. 247, 248a StGB Strafzumessungsregel § 263 StGB Abs. 3 StGB: Besonders schwerer Fall des Betrugs Verwirklichung eines Regelbeispiels i.S.v. § 263 Abs. 3 StGB (oder unbenannter besonders schwerer Fall) Kein Ausschluss §§ 263 Abs. 4 i.V.m. 243 Abs. 2 StGB
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Objektiver Tatbestand

Was ist eine Täuschung im Rahmen des Betruges?

Eine Täuschung ist jedes Verhalten mit Erklärungswert, das auf die Vorstellung eines anderen einwirkt und damit objektiv einen Irrtum erregt, bestärkt oder aufrechterhält. Eine Täuschung kann auf drei Wegen erfolgen:

  • Ausdrücklich: Wenn beispielsweise der Verkäufer eines Autos sagt, dass das Auto unfallfrei sei, es aber tatsächlich einen Unfall hatte, dann liegt eine ausdrückliche Täuschung vor.
  • Konkludent: Eine konkludente Täuschung liegt vor, wenn das Verhalten des Täters aus Perspektive der Verkehrsanschauung eine unwahre Erklärung über Tatsachen darstellt. Wer beispielsweise eine Sportwette abschließt, erklärt konkludent, dass er das Spiel nicht manipuliert hat. Wer also ein Spiel manipuliert und eine Sportwette abschließt, begeht eine konkludente Täuschung.
  • Unterlassen: Außerdem kann eine Täuschung durch Unterlassen begangen werden. Dies ist der Fall, wenn eine Pflicht besteht, über einen Umstand aufzuklären, eine solche Aufklärung allerdings nicht erfolgt. Beispielsweise ist ein Autoverkäufer verpflichtet, den Käufer über einen Unfall aufzuklären. Passiert dies nicht, liegt eine Täuschung durch Unterlassen vor.

Was ist die Definition von Tatsache?

Tatsachen sind alle gegenwärtigen oder vergangenen Ereignisse oder Zustände (einschließlich der menschlichen Psyche als sog. innere Tatsache), die dem Beweis zugänglich sind. Die Täuschung muss sich im Rahmen eines Betruges auf Tatsachen beziehen.

  • Zukünftige Tatsachen: Äußerungen über zukünftige Ereignisse iS einer Prognose unterfallen nur dann dem Tatbestand, wenn sich die Behauptung auf die schon jetzt gegenwärtigen Bedingungen bezieht (z.B. das voraussichtliche Eintreten einer Sonnenfinsternis an einem bestimmten Tag). Auch muss man genau schauen, ob es sich tatsächlich umeine zukünftige Tatsache handelt. Wer beispielsweise in eine Bar geht, aber bei der Bestellung schon weiß, dass er später nicht zahlen wird, der täuscht über die aktuell bestehende innere Tatsache, dass er zahlungsbereit ist. Folglich liegt eine gegenwärtige Tatsache vor.
  • Werturteile: Grundsätzlich keinen tauglichen Anknüpfungspunkt für den Betrug stellen bloße Werturteile, Meinungsäußerungen, reklamehafte Anpreisungen oder Rechtsansichten dar, solange keinen überprüfbaren Tatsachenkern enthalten. Werturteile werden nur in engen Grenzen in Vertrauensbeziehungen geschützt oder wenn es sich um ein Werturteil von einem Experten handelt.

Was ist ein Irrtum?

Ein Irrtum liegt vor, wenn ein Widerspruch zwischen der subjektiven Vorstellung des Geschädigten und der Realität gegeben ist. Der Irrtum muss durch die Täuschung erregt oder unterhalten werden.

Folgende Anforderungen bestehen zusätzlich:

  • Kausalität: Die Täuschung muss kausal für den Irrtum sein!
  • Zweifel unschädlich: Zweifel schließen einen Irrtum nicht aus. Es genügt, wenn der getäuschte die Wahrheit der behaupteten Tatsache für möglich hält.
  • Mittbewusstsein reicht: Auch muss der Getäuschte nicht aktiv über die Tatsache nachdenken, solange er ein gedankliches Mitbewusstsein im Hinblick auf die Tatsache hat (z.B. geht ein Vertragspartnerin der Regel von Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit eines Kunden aus, ohne explizit daran zu denken)
  • Unkenntnis: Ein Irrtum liegt nicht vor, wenn sich der Getäuschte gar keine Vorstellung macht und schlichte Unkenntnis der Tatsache hat.

Was ist eine Vermögensverfügung? 

Eine Vermögensverfügung ist jedes rechtliche oder tatsächliche Handeln, Dulden oder Unterlassen, das unmittelbar zu einer Vermögensminderung im wirtschaftlichen Sinn führt. Aufgrund des Irrtums muss der Geschädigte eine Vemögensverfügung treffen.

  • Unmittelbarkeit: Die Vermögensminderung muss unmittelbar durch einen freiwilligen Herausgabeakt des Verfügenden erfolgen (sonst evtl. Diebstahl nach § 242 StGB), also ohne weitere Handlungen des Täters oder nicht dem Risikobereich des Opfers zuzurechnender Dritter eintreten. Beim Forderungsbetrug sind die Anforderungen etwas niedriger. So muss etwa kein Verfügungsbewusstsein bestehen und es muss auch keine Unmittelbarkeit & Freiwilligkeit bestehen. Hintergrund ist, dass keine Abgrenzung zum Diebstahl erforderlich ist.
  • Dreiecksbetrug: Die Vermögensminderung muss nicht zwingend beim Getäuschten eintreten. Tritt die Vermögensminderung bei einem Dritten ein, spricht man von einem Dreiecksbetrug. Dafür muss zwischen Verfügendem und Geschädigtem ein Näheverhältnis dergestalt bestehen, dass der Verfügende eine bessere Zugriffsposition auf das Vermögen des Geschädigten hat als der Täter (sog. Lagertheorie; a.A. es kommt auf die zivilrechtliche Befugnis zur Vermögensverfügung an).

Was ist der Vermögensschaden beim Betrug?

Durch die Vermögensverfügung muss es zu einem Vermögensschaden kommen, das heißt der Vergleich von Leistung und Gegenleistung muss einen negativen Vermögenssaldo ergeben.  

  • Wirtschaftlicher Vermögensbegriff: Nachdem wirtschaftlichen Vermögensbegriff der h.M. ist die Gesamtheit aller geldwerten Güter einer Person geschützt, also z.B. auch illegale Betäubungsmittel (a.A. juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff: Nur die unter dem Schutz der Rechtsordnung stehenden wirtschaftlichen Werte werden geschützt).
  • Individueller Schadenseinschlag: In den Fällen des „individuellen Schadenseinschlages“ kann auch ohne negativen Vermögenssaldo ein Vermögensschaden bestehen. Das sind Fälle in denen die Gegenleistung aufgrund der individuellen Umstände nicht genutzt werden kann, der Geschädigte weitere vermögensschädigende Maßnahmen unternehmen muss oder der Geschädigte wirtschaftlich einen völligen Mittelverlust erleidet, sodass er nicht in der Lage ist, wirtschaftlich weiter zu agieren.
  • Vermögensgefährdung: Häufig wird davon gesprochen, dass bereits eine konkrete Vermögensgefährdung ausreicht, um einen Schaden zu bejahen. Dies kann aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht überzeugen. Es muss bereits ein wirtschaftlicher Schaden eingetreten sein. Die Frage der Wertminderung ist anhand einer lebensnahen wirtschaftlichen Betrachtungsweise vorzunehmen. Ein wirtschaftlicher Schaden liegt z.B. bereits vor, wenn der Täter einen Vertrag abschließt, ohne bezahlen zu wollen/können und der Geschädigte in Vorleistung geht.

Subjektiver Tatbestand

Vorsatz beim Betrug

 Der Täter muss zumindest mit Eventualvorsatz bezüglich des objektiven Tatbestandes gehandelt haben.

Was ist die Bereicherungsabsicht?

Unter der Bereicherungsabsicht wird die Absicht (dolus directus 1. Grades) verstanden, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Vermögensvorteil ist insoweit jede wirtschaftliche Verbesserung der Vermögenslage. Die Bereicherungsabsicht entspricht keinem objektiven Tatbestandsmerkmal, deshalb handelt es sich beim Betrug um ein Delikt mit überschießender Innentendenz.

Was ist die Stoffgleichheit beim Betrug?

Der vom Täter beabsichtigte Vermögensvorteil und der Vermögensschaden müssen „stoffgleich“ sein, also einander entsprechen. Der Vorteil muss die „Kehrseite“ des Schadens sein, das ist der Fall, wenn der Vorteil dem Täter als unmittelbare Folge der täuschungsbedingten Vermögensverfügung aus dem Vermögen des Geschädigten zufließt.

Wann ist die Bereicherung objektiv rechtswidrig?

Der Täter darf keinen fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf den erstrebten Vermögensvorteil haben.

  • Die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils ist an sich objektives Tatbestandsmerkmal, wird aber dennoch im subjektiven Tatbestand geprüft. Hintergrund ist, dass die Bereicherungsabsicht keine Entsprechung im objektiven Tatbestand hat.
  • Bezüglich der Rechtswidrigkeit muss der Täter zumindest Eventualvorsatz haben.

Rechtswidrigkeit und Schuld

 Bezüglich Rechtswidrigkeit und Schuld ergeben sich keine Besonderheiten.

 Wann ist beim Betrug ein Strafantrag erforderlich?

 Grundsätzlich ist beim Betrug kein Strafantrag erforderlich. Lediglich in zwei Fällen besteht das Erfordernis eines Strafantrages:

  • Geringwertigkeit: Wenn sowohl der eingetretene Vermögensschaden als auch der erstrebte Vermögensvorteil i.S.v. §248a StGB geringwertig sind (je nach Auffassung Wert max. 25€ oder 50€), wird die Tat nach § 263 Abs. 4 StGB nur auf Antrag oder bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung verfolgt.
  • Familiäre Beziehung: In Fällen in denen der Geschädigte ein Angehöriger, der Vormund oder der Betreuer ist oder er mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft lebt, wird die Tat gemäß § 263 Abs. 4 i.V.m. 247 StGB nur auf Antrag verfolgt.

Besonders schwerer Fall des Betruges

 Das Vorliegen eines besonders schweren Falls führt dazu, dass der Strafrahmen des Betruges deutlich ansteigt.

 Erforderlich ist das Vorliegen der folgenden drei Voraussetzungen:

  1. Vorliegen eines Regelbeispiels: Dafür muss eine der Nummern des § 263 Abs. 3 StGB vorliegen. Die Regelbeispiele sind allerdings nicht abschließend. Daneben kommen auch unbenannte bes. schwere Fälle in Betracht. Das Vorliegen dieser ist anhand einer umfassenden Gesamtabwägung aller Zumessungstatsachen nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld zu beurteilen.
  2. Subjektives Element: Auch wenn es sich bei den Regelbeispielen nicht um Tatbestandsmerkmale handelt, muss der Täter mit (Quasi-)Vorsatz gemäß §§ 15, 16 StGB analog handeln. Dafür genügt grundsätzlich bedingter Vorsatz.
  3. Kein Ausschluss des besonders schweren Falls: Das Vorliegen eines besonders schweren ist gemäß §§ 263 Abs. 4, 243 Abs. 2 StGB ausgeschlossen, wenn sowohl der eingetretene Vermögensschaden als auch der erstrebte Vermögensvorteil geringwertig sind (je nach Auffassung Wert max. 25€ oder 50€).

Definitionen für § 263 Abs. 3 Nr. 1

Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat.

Wann liegt Gewerbsmäßigkeit vor?

Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn der Täter sich aus der wiederholten Begehung von Betrugstaten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen will.

Wann liegt eine Bande vor?

Eine Bande erfordert mindestens drei Personen, die sich für eine gewisse Dauer zur fortgesetzten Begehung von (noch zu konkretisierenden) Taten nach §§ 263, 267 StGB zusammengeschlossen haben.

Definitionen für § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB

Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrugstaten eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen.

Wann liegt eine große Zahl von Menschen vor?

Eine große Zahl von Menschen setzt voraus, dass es sich mindestens um 20 Personen handelt.

Wann liegt ein Vermögensverlust großen Ausmaßes vor?

 Ein Vermögensverlust großen Ausmaßes liegt vor, wenn der Vermögensschaden mindestens 50.000 EUR beträgt.

Definition für § 263 Abs. 3 Nr. 3

Eine Person wird in wirtschaftliche Not gebracht, wenn sie ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage verliert und den eigenen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten kann.

§ 263 Abs. 3 Nr. 4

Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

§ 263 Abs. 3 Nr. 5

Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

Vorliegen eines unbenannten schweren Falls

Die Regelbeispiele sind nicht abschließend. Daneben kommen auch unbenannte bes. schwere Fälle in Betracht. Das Vorliegen eines unbenannt schweren Falls ist anhand einer umfassenden Gesamtabwägung aller Zumessungstatsachen nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld zu beurteilen. Für einen besonders schweren Fall muss das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweichen, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist.

Häufig gestellte Fragen

Wie ist die Definition von Täuschung?
Eine Täuschung ist jedes Verhalten mit Erklärungswert, das auf die Vorstellung eines anderen einwirkt und damit objektiv einen Irrtum erregt, bestärkt oder aufrechterhält.
Was ist die Definition des Irrtums?
Ein Irrtum liegt vor, wenn ein Widerspruch zwischen der subjektiven Vorstellung des Geschädigten und der Realität gegeben ist. Der Irrtum muss durch die Täuschung erregt oder unterhalten werden.
Wie definiert man den Vermögensschaden?
Durch die Vermögensverfügung muss es zu einem Vermögensschaden kommen, das heißt der Vergleich von Leistung und Gegenleistung muss einen negativen Vermögenssaldo ergeben. ‍
Wie definiert man die Stoffgleichheit?
Der Vorteil muss die „Kehrseite“ des Schadens sein, das ist der Fall, wenn der Vorteil dem Täter als unmittelbare Folge der täuschungsbedingten Vermögensverfügung aus dem Vermögen des Geschädigten zufließt.
Was ist die Definition der Bereicherungsabsicht?
Unter der Bereicherungsabsicht wird die Absicht (dolus directus 1. Grades) verstanden, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.