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Schema Raub

Prüfungsschema für den Raub nach § 249 StGB

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Tobias Escherich
Aktualisiert am 
27.12.2024
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Prüfungsschema Raub

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Objektiver Tatbestand

Was ist eine fremde bewegliche Sache?

Eine fremde bewegliche Sache i.S.d. § 249 StGB ist jeder körperliche Gegenstand, der tatsächlich fortzubewegen ist und im (Allein-, Mit- oder Gesamthands-) Eigentum einer anderen natürlichen oder juristischen Person steht.

  • Tiere: Tiere sind trotz § 90a BGB Sachen nim strafrechtlichen Sinne.
  • Sonstige Rechte: Strom, Forderungen (z.B. Bankguthaben) und sonstige Rechte (z.B. Patente, Marken) und virtuelle Güter(z.B. Profile in sozialen Netzwerken, NFTs oder Dateien) sind keine Sachen. 
  • Fremdheit: Nicht fremd sind ausschließlich im Eigentum des Täters stehende und iSd §§ 958 ff. BGB herrenlose Sachen. 

Was versteht man unter Wegnahme?

Wegnahme ist der Bruch fremden und die gleichzeitige oder spätere Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams.  

Was ist Gewahrsam?

Gewahrsam ist die tatsächliche Herrschaft einer natürlichen Person über eine Sache, die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragen wird, was nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen ist.

  • Gelockerter Gewahrsam: Gelockerter Gewahrsam besteht fort, wenn Sachen im eigenen Herrschaftsbereich verlegt werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn man ein Auto am Straßenrand abstellt, um es später wieder wegzufahren. In einem solchen Fall erinnert sich der Eigentümer an den Abstellort, sodass sich das Auto weiterhin im eigenen Besitz befindet.
  • Verlorene Sachen: An verlorenen Sachen besteht zwar kein Gewahrsam des ursprünglichen Inhabers mehr, wenn die Sache jedoch im Herrschaftsbereich eines anderen (z.B. im Kino) verloren wird, ist zu untersuchen, ob dieser generellen Gewahrsamswillen bezüglich sämtlicher Sachen in seinem Herrschaftsbereich hat.

Wann ist Gewahrsam gebrochen?

Gewahrsam wird gebrochen, wenn er ohne Willen seines Inhabers aufgehoben wird.  

  • Wille des Gewahrsamsinhabers: Entscheidend ist der innere Wille des Gewahrsamsinhabers.
  • Einverständnis: Ist der Gewahrsamsinhaber Einverstanden, ohne dass der Täter davon weiß, kommt lediglich ein (untauglicher) Versuch in Betracht. Dies ist     beispielsweise bei Diebesfallen der Fall.
  • Automaten: Bei Automaten ist ein Einverständnis mit der Ausgabe von Geld oder Ware nur zu bejahen, wenn der Automat ordnungsgemäß bedient wird. Dies gilt zum Beispiel auch für die Verwendung von SB-Kassen. 
  • Mitgewahrsam: gleichrangiger Mitgewahrsam (z.B. Mitinhaber eines Geschäfts oder ein Ehepaar) und übergeordneter Gewahrsam (z.B. Arbeitnehmer im Verhältnis zum Arbeitgeber) können gebrochen werden. Untergeordneter Gewahrsam kann nicht gebrochen, hier kommt nur eine Unterschlagung nach § 246 StGB in Betracht.

Wann ist neuer Gewahrsam begründet?

Neuer Gewahrsam ist begründet, wenn der Täter (oder ein Dritter) die tatsächliche Sachherrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass ihrer Ausübung keinerlei wesentliche Hindernisse mehr entgegenstehen und der bisherige Gewahrsamsinhaber auf die Sache nicht mehr einwirken kann ohne zuvor die Verfügungsgewalt des Täters (oder des Dritten) zu beseitigen. So besteht etwa neuer Gewahrsam, wenn Gegenstände zur eigenen Verfügung in der Kleidung oder einer sonstigen Gewahrsamsenklave gesteckt werden. 

Was bedeutet „Gewalt gegen eine Person“?

Gewalt ist die Entfaltung von – nicht notwendig erheblicher– Kraft durch den Täter, die auf den Körper eines anderen einen unmittelbaroder mittelbar wirkenden Zwang ausübt, der nach der Vorstellung des Täters geeignet ist, einen zumindest erwarteten Widerstand zu überwinden. 

Was ist eine Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben?

Eine Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt.

Mit einer gegenwärtigen Gefahr droht, wer eine Schädigung an Leib oder Leben in Aussicht stellt, die bei gwöhnlichem Verlauf der Dinge als sicher oder höchst wahrscheinlich zu erwarten ist, falls nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden.

Was ist die Unmittelbarkeit?

Über die subjektiv-finale Verknüpfung zwischen qualifizierter Nötigungshandlung und Wegnahme hinaus müssen nach der Rechtsprechung diese beiden den Raubtatbestand konstituierenden Elemente objektiv in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen.

  • Dieser Punkt bereitet fast nie Probleme, wenn subjektiv-finale Verknüpfung besteht
  • Es gibt keine festen Kriterien um den zeitlichen und örtlichen Zusammenhang zu bestimmen
  • Es ist eine Entscheidung aufgrund der Umstände im Einzelfall

Wie geht man mit fortdauernde Gewalthandlungen beim Raub um?

Besonders problematisch ist der Finalzusammenhang in Fällen, in denen die Gewalthandlung ursprünglich ohne Wegnahme Vorsatz begonnen hat.

Dabei sind folgende Situationen zu differenzieren:

1.    Situation: Der Täter fasst den Wegnahmevorsatz noch während der Gewaltanwendung.

  • Finalität: (+)
  • Der Finalzusammenhang zwischen Gewalt und Wegnahme besteht, da die Gewalt im entscheidenden Moment Mittel zur Wegnahmei st.

2.    Situation: Die Gewalthandlung ist endgültigabgeschlossen und das Opfer kann keinerlei Gegenwehr mehr leisten (z.B. Opferist bewusstlos)

  • Finalität (-)
  • Es besteht kein Finalzusammenhang, da die Gewaltgerade kein Mittel zur Wegnahme war. Die Wegnahme erfolgt vielmehr beiGelegenheit.
    Achtung: Ist dem Opfer Gegenwehr zumindest denklogisch möglich (z.B. Opfer istgefesselt) wirkt die Gewalt fort und der Finalzusammenhang besteht fort.

3.    Situation: Die Gewalthandlung ist zwarabgeschlossen, aber das Opfer fühlt sich weiterhin bedroht

  • Finalität: (+)
  • Der Finalzusammenhang zwischen Gewalt und Wegnahme besteht, da dann im entscheidenden Moment die aus der Gewaltanwendung resultierende Drohung Mittel zur Wegnahme ist.

Subjektiver Tatbestand

Der subjektive Tatbestand besteht beim Raub aus vier Prüfungspunkten, dem Vorsatz, der Zueignungsabsicht, der Finalität und der objektiven Rechtswidrigkeit der Zueignung.

Vorsatz 

Der Täter muss zumindest mit Eventualvorsatz bezüglich der Wegnahme einer fremden beweglichen Sache durch Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels gehandelt haben.  

Was ist die Definition von Finalität? 

Wie der Wortlaut des § 249 zeigt („mit Gewalt […] oder unter Anwendung von Drohungen […] wegnimmt“) muss zwischen der Wegnahme und dem qualifizierten Nötigungsmittel ein spezifischer Zusammenhang bestehen. Der raubspezifische Finalzusammenhang ist zu bejahen, wenn Gewalt und Drohung nach der subjektiven Vorstellung des Täters das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sind.

  • Es genügt, dass die Wegnahme zumindest auch ein Ziel des Täters war.
  • Ob das Nötigungsmittel für die Wegnahme objektiv erforderlich war ist nicht relevant.

Was ist die Zueignungsabsicht?

Darüber hinaus bedarf der Täter der Zueignungsabsicht. Beim Raub handelt es sich insofern um ein Delikt mit überschießender Innentendenz. Die Zueignungsabsicht setzt sich aus der Aneignungsabsicht, dem Enteignungsvorsatz und dem Vorsatz bezüglich der objektiven Rechtswidrigkeit der Zueignung zusammen.  

Was ist die Aneignungsabsicht?

Aneignungsabsicht liegt vor, wenn der Täter die Sache selbst (Sachsubstanz) oder den in ihr verkörperten funktionsspezifischen Wert (Sachwert) seinem Vermögen oder dem Vermögen eines Dritten wenigstens vorübergehend einverleiben will. Das setzt die zumindest vorübergehende absichtliche Anmaßung einer eigentumsähnlichen Verfügungsmacht voraus. 

  • An der Aneignungsabsicht fehlt es z.B. wenn der Täter die Sache direkt zerstören will.  
  • Typische Fälle, in denen sich der Täter zwar nicht die Sachsubstanz jedoch den Sachwert einverleiben will, sind die sog. Sparbuch-, Geldkarten-, Telefonkartenfälle. Achtung: Einen EC-Karte hat keinen in ihr verkörperten Sachwert, da diese nur einen „Schlüssel“ zum Konto darstellt 

Was ist der Enteignungsvorsatz?

Enteignungsvorsatz ist zu bejahen, wenn der Täter den Berechtigten zumindest mit Eventualvorsatz auf Dauer aus seiner wirtschaftlichen Position verdrängen will. Dies ist u.a. dann abzulehnen, wenn der Täter die Sache dem Eigentümer zurückgeben möchte. In diesen Fällen ist jedoch stets an den unbefugten Gebrauch eins Kraftfahrzeugs oder ein Fahrrads nach § 248b Abs. 1 StGB zu denken.

Objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung  

Die Zueignung ist rechtswidrig, wenn sie gegen die dingliche Rechtslage verstößt und kein Übereignungsanspruch besteht. Problematisch sind hier v.a.: 

  • Gattungsschulden: Da der Täter noch keinen auf eine bestimmte Sache konkretisierten Anspruch hat, ist die Zueignung einer beliebigen Sache aus der Gattung nach h.M. rechtswidrig.  
  • Geldschulden: Die h.M. behandelt Geldschulden zwar grundsätzlich so wie sonstige Gattungsschulden, lehnt jedoch regelmäßig einen Vorsatz bezüglich der Rechtswidrigkeit der Zueignung ab, da die Allgemeinheit glaubt, sie dürfe ihre Ansprüche durch die Ansichnahme beliebiger Geldscheine befriedigen.  

Rechtswidrigkeit & Schuld

Diesbezüglich gibt es keine Besonderheiten. Es gelten die allgemeinen Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe.

Qualifikationen

Die Qualifikationen des Raubes ergeben sich aus § 250 StGB. Bei § 251 StGB handelt es sich um eine Erfolgsqualifikation.

Häufig gestellte Fragen

Wie definiert man die Wegnahme?
Wegnahme ist der Bruch fremden und die gleichzeitige oder spätere Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams.
Was bedeutet „Gewalt gegen eine Person“ beim Raub im Sinne von § 249 StGB?
Gewalt ist die Entfaltung von – nicht notwendig erheblicher– Kraft durch den Täter, die auf den Körper eines anderen einen unmittelbaroder mittelbar wirkenden Zwang ausübt, der nach der Vorstellung des Täters geeignet ist, einen zumindest erwarteten Widerstand zu überwinden.
Wie definiert man die Finalität beim Raub?
Der raubspezifische Finalzusammenhang ist zu gegeben, wenn die Gewalt oder die Drohung nach der subjektiven Vorstellung des Täters das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme ist.
Wann besteht der Unmittelbarkeitszusammenhang beim Raub?
Über die subjektiv-finale Verknüpfung zwischen qualifizierter Nötigungshandlung und Wegnahme hinaus müssen nach der Rechtsprechung diese beiden den Raubtatbestand konstituierenden Elemente objektiv in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen.
Woraus besteht der subjektive Tatbestand beim Raub?
Der subjektive Tatbestand des Raubes besteht aus dem Vorsatz hinsichtlich des objektiven Tatbestandes, der Finalität, der Zueignungsabsicht, der objektiven Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung und dem Vorsatz hinsichtlich der beabsichtigten Zueignung.