Jura-Studium
Verkürzter Gutachtenstil

Der verkürzte Gutachtenstil

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Tobias Escherich
Aktualisiert am 
19.1.2024
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Das Wichtigste in Kürze:

  • Der verkürzte Gutachtenstil ist ein Weg, unproblematische Punkte in einem juristischen Gutachten schnell zu bearbeiten.
  • Eine konsequente Prüfung im Gutachtenstil kann sehr aufwendig sein. Wenn ein Prüfungspunkt völlig offensichtlich vorliegt, würde es wenig Sinn ergeben, vier Sätze zu schreiben, um zu dem offensichtlichen Ergebnis zu kommen.
  • Wenn ein Prüfungspunkt völlig evident ist, kann auch der Feststellungsstil verwendet werden, der das Ergebnis lediglich feststellt.  

Der Gutachtenstil  

Der Vier-Schritt-Gutachtenstil stellt eine recht umfangreiche Prüfung dar, indem mindestens vier Sätze gebildet werden müssen (Obersatz, Definition, Subsumtion und Ergebnis), um zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines Prüfungspunktes vorliegen. Wenn ihr mehr zum Gutachtenstil erfahren möchtet, lest euch gerne unseren Beitrag zum Gutachtenstil durch.

Was ist der verkürzte Gutachtenstil?

Wenn keine besonderen rechtlichen Probleme bei der Prüfung eines Prüfungspunktes vorliegen, dann ist es geboten, den Umfang der Prüfung zu reduzieren, um sich den relevanteren Problemen der Klausur angemessen widmen zu können.

Der verkürzte Gutachtenstil stellt einen Weg dar, den Umfang der Prüfung zu reduzieren.

Dies erfolgt dadurch, dass beim verkürzten Gutachtenstil der Obersatz gestrichen wird und die Subsumtion mit der Definition verbunden wird. Daraus folgt, dass der verkürzte Gutachtenstil nur noch aus zwei Sätzen besteht, einem Definitions- und Subsumtionssatz und einem Ergebnissatz. Beim verkürzten Gutachtenstil ist es wichtig, die Definition und Subsumtion sprachlich ansprechend miteinander zu verbinden, damit die Prüfung so knapp wie möglich erfolgen kann. Hierfür bietet es sich an, klassische Verbindungswörter wie „indem …“ oder „dadurch, dass …“ zu nutzen.  

Beispiele:

a) Zivilrecht

  • Sachverhalt: A verkauft B ein Auto, bei dem allerdings der Motor nicht funktioniert.  
  • Prüfung des Mangels im verkürzten Gutachtenstil: Indem bei dem Auto der Motor nicht funktioniert, eignet sich das Auto nicht zum Fahren, also für die gewöhnliche Verwendung, sodass das Auto nicht den objektiven Anforderungen an die Sache entspricht. Mithin liegt ein Sachmangel nach § 434 III Nr. 1 BGB vor.  

b) Strafrecht

  • Sachverhalt: A sticht B mit einem Messer in den Bauch, wodurch B eine Stichwunde erleidet.
  • Prüfungspunkt „Körperverletzungserfolg“ iSd § 223 StGB im verkürzten Gutachtenstil: Das Stechen mit dem Messer stellt eine üble und unangemessene Behandlung dar, die das körperliche Wohlbefinden mehr als nur unerheblich beeinträchtigt, sodass sowohl eine körperliche Misshandlung als auch eine Gesundheitsschädigung vorliegt. Mithin ist der Körperverletzungserfolg eingetreten.  

Was ist der Feststellungsstil?

Der Feststellungsstil stellt eine noch knappere Version des Gutachtenstils dar. Beim Feststellungsstil wird auf die Subsumtion vollständig verzichtet, sodass direkt das Ergebnis festgestellt wird. Indem sowohl auf die Definition als auch auf die Subsumtion verzichtet wird, sollte der Feststellungsstil nur verwendet werden, wenn das Ergebnis völlig offensichtlich ist. Dies gilt umso mehr, weil er das Risiko bietet, dass Ihr einen besonders schlechten Eindruck beim Korrektor hinterlasst, wenn Ihr mit Eurer Einschätzung der Komplexität oder gar des Ergebnisses falsch liegt.

Beispiel für den Feststellungsstil:

  • Ein Kaufvertrag liegt vor.
  • Der Täter handelte mit Wissen und Wollen, also vorsätzlich.

Was ist der Urteilsstil?

Beim Urteilsstil ist wie der Gutachtenstil eine mehrschrittige Prüfung erforderlich, es wird bloß das Ergebnis am Anfang genannt und nicht am Ende. Es erfolgt also zuerst die Feststellung des Ergebnisses, bevor dieses begründet wird. Bis zum Referendariat sollte der Urteilsstil nicht verwendet werden, da in Klausuren bis zum ersten Staatsexamen das Ergebnis hergeleitet und nicht erklärt werden soll.

Wann wendet man den Gutachtenstil, verkürzten Gutachtenstil und Feststellungsstil an?

In juristischen Klausuren steht man häufig unter erheblichem Zeitdruck. Deswegen hat man nicht die Zeit, jeden Prüfungspunkt im ausführlichen Gutachtenstil zu prüfen. Vielmehr muss man Schwerpunkte setzen, damit man an den problematischen Stellen die Probleme ergiebig bearbeiten kann und möglichst viele Punkte sammelt. Eine gelungene Schwerpunktsetzung zeichnet sich dadurch aus, dass man an den unproblematischen Stellen weniger schreibt und an den problematischen Stellen ausführlicher wird.  

Diese Schwerpunktsetzung schlägt sich auch in der Nutzung der verschiedenen vorgestellten Stile wieder.

  • Feststellungsstil: Wenn ein Merkmal völlig evident ist.
  • Verkürzter Gutachtenstil: Wenn das Merkmal unzweifelhaft vorliegt, dies aber nicht völlig evident ist.
  • Gutachtenstil: Wenn die Prüfung des Merkmals einer ausführlichen Prüfung bedarf oder es sich um einen Klausurschwerpunkt handelt, sodass eine umfassende Bearbeitung erforderlich ist.

Beispiele:

  • Wenn A dem B auflauert, um diesen mit einem Baseballschläger zusammenzuschlagen, und diesen Plan auch vollzieht und B schwere Verletzungen erleidet, dann ist die Prüfung des Vorsatzes bei §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, (uU Nr. 3), 5 StGB offensichtlich kein Prüfungsschwerpunkt, sodass der verkürzte Gutachtenstil oder sogar der Feststellungsstil verwendet werden kann.
  • Wenn A dem B auflauert, um diesen mit einem Baseballschläger zusammenzuschlagen, diesen Plan auch vollzieht und B stirbt, dann ist die Prüfung des Tötungsvorsatzes – je nach Sachverhaltsausgestaltung – ein Klausurschwerpunkt, denn im Sachverhalt steht weder, dass A den B töten wollte noch, dass A den B auf keinen Fall töten wollte, sodass umfangreich herausgearbeitet werden muss, ob der Tötungs- oder sogar Mordvorsatz vorlag.

Insgesamt besteht eine Klausur damit aus einem permanenten Hin und Her zwischen den verschiedenen Stilen. Wobei es sehr wichtig ist, alle Formen zu beherrschen, um schnell und sicher zwischen den verschiedenen Varianten wechseln zu können.

Häufig gestellte Fragen

Was ist der verkürzte Gutachtenstil?
Der verkürzte Gutachtenstil ist eine Abwandlung des Gutachtenstils. Beim verkürzten Gutachtenstil wird der Obersatz gestrichen und die Subsumtion mit der Definition verbunden. Daraus folgt, dass der verkürzte Gutachtenstil nur noch aus zwei Sätzen besteht, einem Definitions- und Subsumtionssatz und einem Ergebnissatz.
Was ist der Feststellungsstil
Im Feststellungsstil wird das Ergebnis einer Prüfung nur noch mitgeteilt, sodass streng genommen keine Prüfung erfolgt. Deshalb darf der Feststellungsstil im Gutachten nur verwendet werden, wenn das Ergebnis völlig offensichtlich ist.
Was ist der Urteilstil?
Im Urteilsstil wird das Ergebnis vorab mitgeteilt. Anschließend wird das Ergebnis begründet, wofür zuerst die Definition mitgeteilt wird und anschließend wird unter die Definition subsumiert. Der Urteilsstil wird in Urteilen und in Urteilsklausuren verwendet, die allerdings erst im Referendariat geschrieben werden.
Wann verwendet man den Gutachtenstil und wann den Urteilstil?
Der Urteilsstil wird in Urteilen verwendet. Der Gutachtenstil in Gutachten, und damit insbesondere in juristischen Klausuren, in denen Bearbeiter ein Gutachten verfassen müssen.