Lernplan im Referendariat – Mit welchen Unterlagen sollen Referendare lernen?
Das Wichtigste vorab:
- Das materielle Recht müssen Referendare nicht neu lernen, beim Lösen von Fällen wird das materielle Recht automatisch wiederholt.
- Skripte und Seminare eignen sich insbesondere zum Wiederholen, nicht aber für das erstmalige Erlernen der Materie.
- Für das Falltraining ist der Berliner Klausurenkurs und der Hamburger Klausurenkurs die beste Wahl, für den Berliner Klausurenkurs benötigen Referendare allerdings Zugangsdaten.
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Auf die Frage, was Referendare für das zweite Staatsexamen alles können und wissen müssen, folgt die Frage, wie Referendare im Referendariat am besten lernen. Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort, vielmehr ist es wichtig, dass Ihr zu Beginn des Referendariats etwas experimentiert, um Eure Lernstrategie für das Referendariat zu finden.
Lernunterlagen für das Materielles Recht
Das materielle Recht beherrschen die meisten Referendare noch aus dem ersten Staatsexamen gut. Deswegen muss das materielle Recht im Referendariat primär wiederholt werden. Dafür eignet sich insbesondere das Lösen von Probeklausuren wiederholt. Denn auch wenn Klausuren im zweiten Examen einige prozessuale Probleme enthalten, haben viele Klausuren einen materiell-rechtlichen Schwerpunkt. Neben dem der Wiederholung des Stoffes trainiert man so auch die Darstellung des materiellen Rechts im Klausurformat.
Um sicherzustellen, dass man den Stoff in seiner gesamten Breite beherrscht, bieten sich zudem Skripte kommerzieller Repetitoren an. Dabei sollte man unbedingt auf Unterlagen speziell zum zweiten Examen zurückgreifen. Würde man das materielle Recht nämlich mit den Unterlagen für das erste Staatsexamen wiederholen, würde man viel Zeit mit dem Wiederholen von Literaturmeinungen zu verbringen, ohne dass diese für das zweite Staatsexamen relevant sind. Besonders zu empfehlen sind hierfür die Kaiserskripte zum materiellen Recht. Diese fassen sehr kompakt das für das Assessorexamen relevante materielle Recht zusammen, sodass das Skript zum materiellen Zivilrecht etwa nur 200 Seiten hat, aber ausreicht, um das relevante Wissen zu erlernen.
Lernunterlagen für das Prozessrecht
Im Prozessrecht wird von Referendaren ein tiefes Verständnis erwartet. Zusätzlich ist ein Großteil des Prozessrechts – insbesondere im Zivil- und Strafrecht – neu. Deshalb ist es erforderlich, das Prozessrecht intensiv zu lernen. Hierfür stehen viele verschiedene Lernmittel zur Verfügung.
Lehrbücher
Um das Prozessrecht umfassend zu erlernen und vollständig zu verstehen, bieten sich insbesondere Lehrbücher an. Ein großer Vorteil von Lehrbüchern besteht darin, dass Lehrbücher den Stoff erschöpfend behandeln und die erforderliche Stofftiefe aufweisen.
Nachteilig an Lehrbüchern ist allerdings, dass es sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, ein Lehrbuch durchzuarbeiten. Außerdem sind die meisten Lehrbücher nicht klausurnah. Trotzdem sind Lehrbücher unserer Ansicht nach unverzichtbar, da ausschließlich Lehrbücher den Stoff so umfassend behandeln, dass Referendare diesen wirklich verstehen.
Gedanken sollten sich Referendare allerdings darüber machen, ob sie sich Karteikarten bzw. Zusammenfassungen erstellt. Dagegen spricht unserer Ansicht nach insbesondere, dass man beim erstmaligen Behandeln des Stoffs noch nicht einschätzen kann, welche Informationen relevant sind und welche nicht. Würde man also das gesamte Lehrbuch zusammenfassen, würde man sehr viel Zeit sinnlos investieren. Wir würden deswegen eher empfehlen, das Lehrbuch konzentriert zu lesen und Karteikarten erst später zu erstellen, wenn man weiß, welche Informationen überhaupt für die Falllösung relevant sind. Wir haben dies so gehandhabt, dass wir uns nach dem Lösen von Fällen Karteikarten zu den Aspekten erstellt haben, die wir falsch gelöst hatten.
Skripte
Zum Erlernen des Stoffes eigenen sich außerdem auch Skripte, insbesondere die Skripte von Kaiser. Dabei sollten Referendare bedenken, dass diese Skripte sehr kompakt sind. Entsprechend verstehen viele Referendare diese Skripte erst vollständig, wenn sie bereits über grundlegende Kenntnisse in dem Rechtsgebiet verfügt. Deshalb würden wir den Einsatz von Skripten insbesondere in der Tauchphase empfehlen. Dann verfügen die Referendare bereits über solide Kenntnisse, sodass sie die Skripte auch verstehen und können die kompakte Darstellung zum schnellen Wiederholen nutzen.
Seminare
Die (Kaiser-)Seminare sind insbesondere für auditive Lerner eine attraktive Alternative. Bedenken sollten Referendare allerdings, dass die Seminare den Stoff sehr stark komprimieren. Entsprechend sind die Seminare kaum geeignet, um den Stoff erstmalig zu erlernen. Selbst zum Wiederholen sind die Seminare unserer Ansicht nach nicht besonders hilfreich, da sie im Endeffekt eine sehr knappe Zusammenfassung der deutlich günstigeren Kaiserskripte sind. Mehr hierzu findet ihr in unserem Beitrag zu Kaiser.
Arbeitsgemeinschaften
Parallel zu der praktischen Ausbildung bieten nahezu alle Bundesländer noch eine theoretische Ausbildung an. Die theoretische Ausbildung erfolgt in Arbeitsgemeinschaften. In diesen Arbeitsgemeinschaften wird der zu erlernende Stoff unterrichtet. Ob die Arbeitsgemeinschaften etwas taugen, lässt sich nicht einheitlich beantworten. In manchen Bundesländern – etwa in Bayern – sind die Arbeitsgemeinschaften meist sehr gut und ersetzen das Studium eines Lehrbuches, in anderen Bundesländern sind die Arbeitsgemeinschaften fast völlig überflüssig. Aussagen zu den einzelnen Bundesländern findet Ihr in den Berichten über das Referendariat in den einzelnen Bundesländern.
Online-Repetitorien
Inzwischen gibt es auch mehrere Anbieter, die Online-Repetitorien anbieten. Inhaltlich ähneln die Online-Repetitorien Lehrbüchern und weisen meist eine ähnliche Stofftiefe auf. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Darstellung des Stoffes deutlich interaktiver ist. Zudem haben die Repetitoren oft jahrelange Erfahrung, wodurch sie einen guten Überblick über die Prüfungsinhalte und -anforderungen haben und wertvolle Tipps geben können. Allerdings sind die Online-Repetitoren sehr teuer, Referendare, die ausschließlich mit Online-Repetitoren lernen, geben so schnell drei- bis vierstellige Beträge aus. Wenn man bedenkt, dass die Online-Repetitorien inhaltlich Lehrbüchern ähneln, muss man sich überlegen, ob einem die unterschiedliche Stoffdarstellung den Preisaufschlag wert ist.
Grundsätzlich gibt es auch die Lernplatform ELAN-Ref, die der Staat Referendaren zur Verfügung stellt, welche allerdings für die Examensvorbereitung völlig unzureichend ist.
Podcast
Inzwischen gibt es auch ein paar Podcast, die sich mit dem Rechtsreferendariat beschäftigen. Diese Podcasts behandeln allerdings den Stoff nicht erschöpfend. Deshalb eignen sich die Podcasts nur als Ergänzung. Wir persönlich haben nicht mit Podcast gelernt, da die Podcasts recht lange dauern und unserer Meinung mit dem Lösen von Fällen effektiver gelernt wird.
Lösen von Klausuren
Wir haben euch bereits dargelegt, weshalb es sinnvoll ist, das Lösen von Klausuren in den Lernplan zu integrieren. Das Ausformulieren von Klausuren ist allerdings sehr zeitaufwendig, da Referendare die Klausur nicht nur durchdenken, sondern auch noch die Lösung ausschreiben müssen. Deshalb würden wir empfehlen, Klausuren primär in Stichpunkten zu lösen und maximal eine Klausur in der Woche auszuformulieren. Dadurch lösen Referendare mehr Fälle, sodass sie mehr lernen, ohne das Ausformulieren zu vernachlässigen. Im Gegensatz zum ersten Staatsexamen ist es im Referendariat deutlich schwieriger, Klausuren zum Lösen zu finden, insbesondere gibt es kaum brauchbare Fallbücher.
Tipps zum Lösen von Klausuren im juristischen Referendariat
Bevor wir euch darstellen, wie ihr an Übungsklausuren kommt, gibt es allerdings noch ein paar Hinweise, die Referendare beim Lösen von Klausuren bedenken sollte.
- Besonderheiten der Bundesländer: In einigen Bundesländern gibt es besondere Klausurtypen (z. B. die Relationsklausur in Niedersachsen) oder es wird besonderes materielles Recht geprüft (z. B. Steuerrecht in Bayern), diese Besonderheiten solltet ihr kennen, um die Fälle entsprechend anzupassen.
- Veränderung der Anforderungen: In den letzten Jahren sind Klausuren noch umfangreicher geworden. Um sich dem aktuellen Klausurniveau bestmöglich anzupassen, ist es empfehlenswert, mit möglichst aktuellen Fällen zu arbeiten.
- Realistische Bedingungen: Während der Klausuren stehen die Bearbeiter unter extremem Zeitdruck. Um mit diesem Druck umgehen zu können, ist es wichtig, auch die eigenen Klausuren unter strengen zeitlichen Vorgaben zu lösen. Auch wenn dies zu Beginn des Referendariats noch schwerfällt, sollte man die Klausuren
- Klausurarten: Es ist empfehlenswert, alle Klausurtypen gleichmäßig zu lernen, damit nirgendwo Lücken bestehen. Deswegen sollte insbesondere auch das Lösen Anwaltsklausuren geübt werden. Häufig geraten die Anwaltsklausuren etwas in Vergessenheit, dabei sind ca. 1/3 der Klausuren im Staatsexamen Anwaltsklausuren.
Woher bekommt Ihr Klausuren?
Auch wenn es keine Fallbücher mehr gibt, gibt es einige Quellen, um Lösen von Klausuren zu trainieren.
Arbeitsgemeinschaft / Klausurenkurse
In den meisten Bundesländern werden im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft verpflichtend Klausuren geschrieben. Hierbei handelt es sich typischerweise um alte Examensklausuren. Häufig werden allerdings nicht in jeder Arbeitsgemeinschaft die gleichen Klausuren geschrieben, deshalb lohnt es sich durchaus, bei anderen oder auch älteren Referendaren nach deren Klausuren zu fragen und diese eigenständig zu lösen.
Außerdem bietet nahezu jedes Bundesland einen Klausurenkurs an. Ein besonderer Vorteil der Klausurenkurse besteht darin, dass die Lösungen examensnah korrigiert werden. Dies ist ein besonders großer Vorteil, den Ihr so oft wie möglich nutzen sollte. Es ist besonders zu empfehlen, die Klausuren unter Examensbedingungen zu schreiben.
Repetitoren
Auch die Repetitoren, etwa Hemmer oder Kaiser, bieten Klausuren an, die Referendare kaufen können. Für diese Klausuren spricht, dass ihr ebenfalls eine Korrektur erhaltet, wobei die Qualität allerdings schwankt. Eine Übersicht über die unterschiedlichen kommerziellen Klausurenkurse findet ihr in unserem Beitrag zu dem Thema.
Tendenziell sind die Klausuren von Kaiser und Alpmann /Schmidt allerdings weniger umfangreich als aktuelle Klausuren im zweiten Staatsexamen. Um deshalb unter realistischen Bedingungen zu schreiben, solltet ihr euch für Klausuren von Repetitoren weniger Zeit nehmen, etwa nur 4,5 statt 5 Stunden. Auch sind die Klausuren häufig recht glatt, also „gut“ gestellt. Auch wenn dies eigentlich ein Vorteil ist, sollten Referendare bedenken, dass Klausuren im Staatsexamen häufig auch etwas „abgedreht“ bzw. „wirr“ sein können. Deshalb sollte Referendare nicht ausschließlich mit Klausuren von Repetitoren lernen, damit ihr auch lernt, mit atypischen Klausuren umzugehen.
Juristische Zeitschriften
Juristischen Zeitschriften, etwa der JuS (JuS Klausurenfinder) oder der JA, enthalten ebenfalls Klausuren aus dem zweiten Staatsexamen. Bei den Klausuren handelt es sich häufig um Original-Klausuren aus dem Assessorexamen. Bedenken solltet ihr allerdings, dass die Fälle häufig deutlich kürzer sind als „typische“ Examensklausuren. Damit die Fälle nicht so viel Platz einnehmen, sind die Akten häufig nur wenige Seiten lang. Demgegenüber hat eine Akte in einer Examensklausur inzwischen bis zu 20 Seiten. Um den geringen Umfang zu kompensieren, sind die Klausuren häufig prozessual oder materiell-rechtlich anspruchsvoller. Insgesamt ist es deshalb sinnvoll, ab und zu auch Fälle aus den juristischen Zeitschriften zu lösen, damit ihr lernt, mit juristisch anspruchsvollen Klausuren umzugehen.
Berliner Klausurenkurs / Klausurenkurs Kammergericht
Das mit Abstand beste Angebot für Klausuren im zweiten Staatsexamen sind der Berliner Klausurenkurs, der auch als Klausurenkurs Kammergericht bezeichnet wird, und der Klausurenkurs vom Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg.
Da der Berliner Klausurenkurs inzwischen nicht mehr öffentlich zugänglich ist, haben wir Euch in einem Artikel dargestellt, wie Ihr trotzdem an die Klausuren herankommt und welche Alternativen es gibt.
Richter
Außerdem können Richter häufig auf einen Pool aus Klausuren zurückgreifen, etwa um Referendare zu beschäftigen, falls es keine passenden Akten gibt. Solange es genügend Akten gibt, erwähnen dies Richter in der Regel nicht. Deshalb es ist empfehlenswert, einfach bei eurem Ausbilder nachzufragen, ob dieser auf Klausuren zugreifen kann, sodass Referendare im Rahmen der Stationsarbeit ein paar Klausuren bearbeiten können.
Ist die Stationsarbeit im Referendariat hilfreich?
Für die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen sollten Referendare auch den Wert der Stationsarbeit nicht unterschätzen. Wie bereits dargestellt, werden Klausuren im zweiten Staatsexamen hinsichtlich ihrer praktischen Verwertbarkeit bewertet. Entsprechend könnt ihr viel von eurem Ausbilder lernen, wie Urteile, Anklage und Schriftsätze in der Praxis geschrieben werden und worauf es ankommt.