Lernplan im Referendariat – Was musst Du können und wissen?
Das Wichtigste vorab:
- Für ein erfolgreiches zweites Staatsexamen ist es zentral, Klausuren zu schreiben und Fälle zu lösen.
- Wie viel Fokus man auf das materielle Recht legen, hängt davon ab, wie viel Wissen aus dem ersten Staatsexamen vorhanden ist. Insbesondere in Rechtsgebieten, in denen man keine Kommentare nutzen darf, ist Lernen unerlässlich.
- Es ist wichtig, im Umgang mit Kommentaren sicher zu sein, sonst stören die Kommentare mehr, als sie helfen.
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Zu Beginn des Referendariats steht man vor der Frage, welche Fähigkeiten und welches Wissen man für ein erfolgreiches zweites Staatsexamen benötigt? Wenn man direkt zu Beginn des juristischen Referendariats anfängt, nach einem Lernplan mit den richtigen Unterlagen das erforderliche Wissen und die erforderlichen Fähigkeiten zu erlernen, dann ist ein erfolgreiches Assessorexamen kein Zufall.
Für ein erfolgreiches zweites Staatsexamen ist es erforderlich, das materielle Recht und Prozessrecht zu kennen und in Klausuren anwenden zu können.
Wie relevant ist materielles Recht im Referendariat?
Das materielle Recht stellt die Grundlage aller Prüfungsleistungen im zweiten Staatsexamen dar. Es ist unmöglich, ein gelungenes Urteil ohne gute Kenntnisse im materiellen Recht zu erstellen. Entsprechend bedeutet dies für Klausuren, dass ein Urteil prozessual noch so gelungen sein kann, ohne ein materiell richtiges Ergebnis wird man die hohen Punkteregionen nicht erreichen. Das materielle Recht hat man allerdings bereits im Ersten Staatsexamen erlernt. Deshalb wird die Kenntnis des materiellen Rechts im Referendariat vorausgesetzt und sich primär dem Prozess gewidmet.
Tipp: Wenn zwischen dem Abschluss des Ersten Staatsexamens und dem Beginn des Referendariats viel Zeit vergeht, würden wir empfehlen, das materielle Recht in Grundzügen in den Wochen vor Beginn des Referendariats zu wiederholen. Dabei bietet es sich an, bereits die Lernmaterialien fürs zweite Examen zu nutzen, da die Unterlagen für das Erste Examen zu viele Meinungsstreitigkeiten enthalten, die für das zweite Examen nicht von Relevanz sind.
Was muss man in Rechtsgebieten können, in denen man Kommentare nutzen darf?
Auch darf man in den Prüfungen im zweiten Staatsexamen Kommentare nutzen, sodass deutlich weniger präsentes Wissen erforderlich ist. Stattdessen muss man in diesen Rechtsgebieten lediglich einen Überblick über die Normen haben und die Systematik der Normen verstehen. Zusätzlich ist es hilfreich, wenn man ein Störgefühl entwickelt, sodass man merkt, wann man sich mit einem Problem eingehend beschäftigen sollte.
Für diese Fähigkeiten reicht in der Regel das noch bestehende Wissen aus dem Ersten Staatsexamen aus. Deswegen muss man das materielle Recht nur dann aktiv wiederholen, wenn man nicht einmal mehr einen grundlegenden Überblick über das Rechtsgebiet hat. Dies kann etwa der Fall sein, wenn man zwischen dem Ersten Staatsexamen und dem Beginn des Referendariats mehrere Jahre promoviert hat. Aber auch in einem solchen Fall ist es wichtig, dass man nicht jedes Detailproblem auswendig lernt, sondern sich einen groben Überblick über die Rechtsgebiete verschafft.
Wenn man für das Referendariat das Bundesland wechselt, sollte man außerdem das „neue“ Landesrecht lernen, um die Besonderheiten und Unterschiede kennenzulernen.
Was muss man in Rechtsgebieten können, in denen man keine Kommentare nutzen darf?
Leider stehen nicht für alle Rechtsgebiete Kommentare zur Verfügung. In den Rechtsgebieten, in denen keine Kommentare zur Verfügung stehen (etwa das Straßenverkehrsrecht, das Beamtenrecht und das Waffenrecht), ist – wie im ersten Staatsexamen – präsentes Wissen erforderlich. Beim Lernen ist es wichtig zu bedenken, dass man sich bei Meinungsstreitigkeiten darauf beschränken kann, die Ansicht der Rechtsprechung zu kennen.
Wie gut muss man das Prozessrecht im Referendariat beherrschen?
Klausuren werden im zweiten Staatsexamen danach bewertet, inwieweit die Lösung praktisch verwertbar ist. Deshalb wirken sich prozessuale Fehler besonders schwer aus. Ist etwa der Tenor eines Urteils nicht vollstreckungsfähig, dann ist das Urteil praktisch nicht verwertbar. Entsprechend würde eine Klausur, die materiell-rechtlich herausragend ist, aber einen nicht vollstreckungsfähigen Tenor aufweist, nur sehr schlecht bewertet werden. Andererseits bekommt man dafür, dass man keine Fehler im Prozessrecht macht, auch keine besonders gute Note. Für eine gut bewertete Klausur ist es vielmehr erforderlich, eine materiell-rechtlich gelungene Lösung ohne prozessuale Fehler zu entwickeln.
Insgesamt bedeutet dies für die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen, dass es zwingend erforderlich ist, das Prozessrecht sicher zu beherrschen. Im Prozessrecht gibt es viele Aspekte, die man wissen muss, da die Informationen auch nicht im Kommentar stehen. Deshalb erfordert die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen einen hohen Lernaufwand für das Prozessrecht.
Welche Besonderheiten gelten bei Klausuren im zweiten Staatsexamen
Um erfolgreiche Klausuren im Referendariat zu schreiben, muss man das Wissen im materiellen Recht und Prozessrecht auch in Klausuren anwenden können. Diese Fähigkeit erlernt man am besten durch praktische Übung, indem man Fälle löst. Auch wenn es am Anfang frustrierend sein kann, ist es sehr empfehlenswert, so früh wie möglich mit dem Lösen von Fällen anzufangen. Denn nur so lernt man, wie man das theoretisch erlernte Wissen praktisch anwenden muss.
Bevor man sich den ersten Fällen widmet, sollte man folgende Besonderheiten von Klausuren im Assessorexamen kennen.
1. Die Sachverhalte sind deutlich umfangreicher
Während im Ersten Staatsexamen ein Sachverhalt selten mehr als vier oder fünf Seiten hat, sind die Sachverhalte im zweiten Staatsexamen deutlich umfangreicher. Nicht selten hat eine Akte – so nennt man die Sachverhalte – 20 Seiten. Entsprechend entfällt ein wesentlicher Teil der Bearbeitungszeit auf das Erfassen des Sachverhalts. Insgesamt führen die sehr langen Akten dazu, dass man noch mehr Zeitdruck hat als im Ersten Staatsexamen.
2. Weniger materiell-rechtliche Probleme
Während es im Ersten Staatsexamen noch üblich war, dass eine Klausur bis zu fünf materiell-rechtliche Probleme enthielt, enthalten Klausuren im zweiten Staatsexamen häufig maximal ein materiell-rechtliches Problem, welches dann auch nur sehr knapp behandelt wird. Dafür muss man sich deutlich intensiver mit prozessualen Problemen beschäftigen, etwa der Zulässigkeit einer Klage, der Beweiswürdigung usw.
3. Unterschiedlicher Bewertungsmaßstab
Bei Klausuren im zweiten Staatsexamen kommt es entscheidend darauf an, eine praktisch verwertbare Lösung zu entwerfen. Entsprechend kann es zu sehr starken Punktabzügen kommen, wenn man eine Lösung entwickelt, welche gefestigter BGH-Rechtsprechung widerspricht oder scheinbar harmlose prozessuale Fehler enthält, wodurch das Urteil aber nicht vollstreckt werden kann.
Dennoch sollte man auch bei der Vorbereitung auf das zweite Examen bedenken, dass die Qualität der rechtlichen Begründung und Argumentation für die Bewertung entscheidend ist. Für das bloße Behaupten von (richtigen) Rechtstatsachen erhält man keine gute Note. Deshalb würden wir Euch ans Herzlegen, Eure Ergebnisse stets mithilfe der juristischen Auslegungsmethoden (z.B. Wortlaut oder Telos) zu begründen.
4. Verschiedene Klausurtypen
Während man im ersten Staatsexamen stets ein Gutachten verfassen musste, werden die Klausurtypen im zweiten Staatsexamen diverser, so gibt es etwa Urteilsklausuren, Anwaltsklausuren, Kautelarklausuren usw. Um in der Klausurbearbeitung keine Zeit zu verlieren, ist es sehr wichtig, dass man die Besonderheiten der Klausurtypen beherrscht und jederzeit parat hat.
5. Viele Anwaltsklausuren
Im Staatsexamen sind typischerweise ein Drittel der Klausuren Anwaltsklausuren. Viele die Klausuren in vielen Klausurenkurse werden von Richtern erstellt, weshalb viele Klausurenkurse Anwaltsklausuren etwas vernachlässigen. Um trotzdem gut auf das Examen vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, gezielt Anwaltsklausuren zu lösen.
Umgang mit dem Kommentar
Im zweiten Staatsexamen darf man beim Lösen von Klausuren Kommentare verwenden. Richtig angewendet, helfen die Kommentare bei der Klausurbearbeitung sehr. In der Klausur hat man allerdings nur selten die Zeit, lange im Kommentar herumzublättern.
Folgende Tipps sollte man deshalb beachten, um die Kommentare so effektiv wie möglich zu nutzen:
Intensive Arbeit mit dem Kommentar
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, was an welcher Stelle im Kommentar steht, sollte man so früh wie möglich mit den im Examen zugelassenen Kommentaren arbeiten.
Abschreiben aus dem Kommentar
Insbesondere für Definitionen ist es sehr empfehlenswert, diese einfach aus dem Kommentar abzuschreiben. Dies spart viel Zeit und führt außerdem häufig dazu, dass man die Definition der Lösungsskizze trifft.
Physisch statt digital
Um sich an das Blättern und Überfliegen zu gewöhnen, ist es sehr empfehlenswert, physische Kommentare zu nutzen, anstatt auf digitale Kommentare zurückzugreifen. Zu Beginn des Referendariats ist es auch völlig ausreichend, ältere Auflagen zu nutzen, die man günstig auf eBay, Kleinanzeigen oder bei der Justiz kaufen kann. Auch kommerzielle Vermieter von Kommentaren verkaufen von Zeit zu Zeit Altauflagen, in der Regel sind deren Preise jedoch recht hoch, sodass wir hiervon abraten würden.
Wir haben euch einen ausführlichen Beitrag zum Umgang mit Kommentaren geschrieben.