Prüfungsschema: Versuch
Prüfungsschema: Versuch

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Vorprüfung: Wann ist der Versuch einer Tat strafbar?
Damit die Prüfung des Versuchs überhaupt in Betracht kommt, müssen diese beiden Voraussetzungen vorliegen:
- die Nichtvollendung des Delikts und
- der Versuch muss strafbar sein.
Was ist die Nichtvollendung des Delikts?
Ein Delikt ist nicht vollendet, wenn die Voraussetzungen des Tatbestandes nicht vorliegen. Aus welchem Grund das Delikt nicht verwirklicht ist, hat für die Prüfung des Versuchs keine Bedeutung. Denkbare Gründe für die Nichtvollendung sind etwa:
- Der tatbestandliche Erfolg ist nicht eingetreten.
- Die Handlung des Täters war für den Erfolg nicht kausal.
- Der Erfolgseintritt ist dem Täter nicht zurechenbar, z.B. aufgrund des Dazwischentretens eines Drittens.
- Es liegt ein wesentlicher Irrtum über den Kausalverlauf vor.
Wann ist der Versuch strafbar?
Die Strafbarkeit des Versuchs wird für Verbrechen und Vergehen unterschiedlich beantwortet:
- Verbrechen: Bei Verbrechen i.S.v. § 12 Abs. 1 StGB (Mindeststrafe von einem Jahr oder mehr) ist der Versuch nach § 23 Abs. 1 StGB immer strafbar.
- Vergehen: Bei Vergehen i.S.v. § 12 Abs. 2 StGB (Mindeststrafe von weniger als einem Jahr) ist der Versuch einer Tat gemäß § 23 Abs. 1 StGB nur strafbar, wenn dies durch eine Vorschrift im StGB explizit normiert wird (z.B. § 223 Abs.2 StGB).
Was ist der Tatentschluss?
Der Tatentschluss ist gegeben, wenn der Täter Vorsatz zu der Verwirklichung aller objektiven Tatbestandsmerkmale hat und auch die sonstigen subjektiven Tatbestandsmerkmale vorliegen. Vereinfacht gesprochen handelt es sich beim dem Tatentschluss um die Prüfung des subjektiven Tatbestandes.
Problematisch kann die Abgrenzung zwischen dem untauglichen Versuch und dem Wahndelikt sein.
- Untauglicher Versuch: Bei einem untauglichen Versuch unterliegt der Täter einem Irrtum über den Sachverhalt, der dazu führt, dass das Delikt nicht verwirklicht werden kann. Beispiele wären die versuchte Tötung einer Leiche oder der Versuch, jemanden mit einer Schreckschusspistole aus großer Distanz zu erschießen. Der untaugliche Versuch ist strafbar – Argument ist die Ratio des § 23 Abs. 3 StGB!
- Wahndelikt: Bei einem Wahndelikt erkennt der Täter den Sachverhalt richtig, irrt jedoch über die Strafbarkeit seines Verhaltens, er trifft als eine falsche rechtliche Wertung. Beispiele sind etwa, der Täter glaubt, Ehebruch ist strafbar, oder ein Reinigungsfachkraft glaubt, sie sei eine Beamtin. Ein Wahndelikt ist nicht strafbar!
Wie ist die Definition für das unmittelbare Ansetzen?
Im unmittelbaren Ansetzen wird geprüft, ob der Täter bereits damit begonnen hat, seine versuchte Tat umzusetzen. Entscheidend ist dafür, dass der Täter die Schwelle zum „jetzt geht's los" überschreitet und das keine wesentlichen Zwischenschritte mehr bestehen. Hintergrund ist, dass in einem solchen Fall das geschützte Rechtsgut bereits konkret gefährdet ist.
Beispiele:
- Bankraub: Ein Bankräuber setzt noch nicht zum Bankraub an, wenn er einen Tag vorher die Bank ausspioniert oder am Tattag mit dem Auto zur Bank fährt. Das unmittelbare Ansetzen liegt allerdings vor, wenn der Räuber mit gezogener Waffe die Bank betritt.
- Einbruch: Wenn ein Dieb an einem Haus Werkzeug ablegt, um einen Tag später in das Haus einzubrechen, liegt noch kein unmittelbares Ansetzen vor. Wenn der Dieb hingegen am Tattag zum Haus fährt und anfängt, zu versuchen, mit dem Werkzeug die Tür zum Haus zu öffnen, dann liegt das unmittelbare Ansetzen vor.
Welche Besonderheiten gibt es zum unmittelbaren Ansetzen bei Qualifikationen?
Bei Qualifikationen muss sauber zwischen dem unmittelbaren Ansetzen zum Grunddelikt und zur Qualifikation differenziert werden. Für eine Strafbarkeit des qualifizierten Delikts muss der Täter also sowohl zum Grunddelikt als auch zur Qualifikation angesetzt haben. Für die Strafbarkeit des Versuchs des Grundtatbestandes reicht es aus, zum Grundtatbestand anzusetzen. Das unmittelbare Ansetzen zur Qualifikation ist für den Versuch des Grunddeliktes unerheblich.
Wann setzen Mittäter zum Versuch an?
In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, wann bei der Mittäterschaft unmittelbar angesetzt wird. Hintergrund des Problems ist, dass die Mittäterschaft grundsätzlich die Handlungen der anderen Mittäter zurechnet. Umstritten ist deshalb, ob dies auch für das unmittelbare Ansetzen zum Versuch gilt, oder ob es dafür erforderlich ist, dass das unmittelbare Ansetzen erst vorliegt, wenn der Mittäter selbst zum eigenen Tatbeitrag unmittelbar ansetzt.
- h.M.: Alle Mittäter setzen unmittelbar an, sobald der erste Mittäter unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestandes ansetzt. Das ist unabhängig davon, ob der jeweilige Mittäter seinen Tatbeitrag bereits geleistet hat.
Argument für diese sog. Gesamtlösung ist die wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge nach § 25 Abs. 2 StGB, dadurch, dass es bei der Mittäterschaft gerade um die Zurechnung. - Mindermeinung: Der jeweilige Mittäter muss zu seinem Tatbeitrag angesetzt haben und die Handlungen aller Mittäter müssen bereits zu einem unmittelbaren Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes geführt haben.
Argument: Für diese Ansicht könnte der Wortlaut des § 22 StGB sprechen, indem § 22 StGB stark auf die jeweilige Person abstellt und die Zurechnung nicht ausdrücklich erwähnt. Jedoch würde durch diese Auslegung dem Grundprinzip der wechselseitigen Zurechnung zuwiderlaufen.
Wann setzt ein mittelbarer Täter unmittelbar zum Versuch an?
Bei der mittelbaren Täterschaft ist umstritten, wann das unmittelbare Ansetzen vorliegt. Hintergrund des Streites ist, dass die mittelbare Täterschaft aus mehreren Schritten besteht. Der mittelbare Täter wirkt zuerst auf den unmittelbaren Täter (das "Werkzeug") ein, welcher dann die Tat begeht.
- h.M.: Der Täter setzt unmittelbar an, wenn der mittelbare Täter den Geschehensablauf in der Weise aus der Hand gibt, dass er ohne längere zeitliche Unterbrechung unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung einmünden soll und das Rechtsgut aus seiner Sicht bereits konkret gefährdet ist.
Argument: Die Ansicht ist eine konsequente Übertragung der Kriterien zur Alleintäterschaft auf die mittelbare Täterschaft. - Mindermeinung 1: Der Täter setzt erst unmittelbar an, wenn der Tatmittler selbst unmittelbar ansetzt.
Argument: Nach § 22 StGB muss der Täter unmittelbar ansetzen und nicht einanderer. - Mindermeinung 2: Der mittelbare Täter setzt unmittelbar an, wenn er beginnt, auf den Tatmittler einzuwirken.
Con-Argument: Hierdurch wird die Versuchsstrafbarkeit auf einen Zeitpunkt ausgedehnt in dem das Rechtsgut noch nicht konkret gefährdet ist.
Wann setzt ein Täter zu einem Unterlassungsdelikt i.S.d.§ 13 StGB unmittelbar an?
Bei Unterlassungsdelikten i.S.v. § 13 StGB setzt der Täter unmittelbar an, wenn das geschützte Rechtsgut aus seiner Sicht unmittelbare in Gefahr gebracht worden ist (herrschende Meinung).
Mindermeinungen in der Literatur wollen ein unmittelbares Ansetzen entweder bereits beim Verstreichenlassen der ersten oder der letzten Eingriffsmöglichkeit annehmen. Der ersten Auffassung kann entgegengehalten werden, dass sie die Versuchsstrafbarkeit zu weit ausdehnt. Die letzte führt dazu, dass es nur fehlgeschlagene und untaugliche Unterlassungsversuche geben kann, ansonsten ist das Unterlassungsdelikt immer vollendet, sodass nie die Möglichkeit für einen Rücktritt nach § 24 StGB besteht.