Jura-Studium
Schema § 823 II BGB

§ 823 II BGB: Prüfungsschema

Profilbild Tobias Escherich
Tobias Escherich
Aktualisiert am 
27.12.2024
2
 Min. Lesedauer

Prüfungsschema § 823 Abs. 2 BGB:  

  1. Schutzgesetz
  2. Verletzung des Schutzgesetzes
  3. Rechtswidrigkeit
  4. Verschulden
  5. Schaden (inkl. haftungsausfüllender Kausalität) & Rechtsfolge

Häufige Klausurschwerpunkte:

Tipp: Als Grundlage für die Klausur- und Examensvorbereitung können wir die Karteikarten von Examen mit Sandro empfehlen. Die Karteikarten sind inhaltlich sehr gut, ihr spart euch hunderte Stunden Arbeit und könnt direkt mit dem Lernen anfangen.

Anwendbarkeit des Deliktsrechts

Vor der Prüfung der einzelnen Tatbestandsmerkmale muss geprüft werden, ob das Deliktsrecht und damit § 823 Abs. 2 BGB überhaupt anwendbar ist. Es gibt zwei Regelungsregime, welche die Anwendung des § 823 Abs. 2 BGB ausschließen:

  • Vorrang des EBV: Zum einen das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (kurz EBV). Die Privilegierungen der §§ 987 ff. BGB sollen nicht durch § 823 Abs. 1 BGB ausgehebelt werden. Wenn also die §§ 987 ff. BGB anwendbar sind, ist § 823 BGB nicht anwendbar.  
  • Vorrang der Amtshaftung: Gleiches gilt für die Amtshaftung, welche § 823 Abs. 1 BGB ebenfalls sperrt.

Klausurtipp: Wenn die Anwendbarkeit des EBV und der Amtshaftung offensichtlich ausscheiden, ist es empfehlenswert, diesen Prüfungspunkt wegzulassen.

1. Schutzgesetz

§ 823 Abs. 2 BGB verfolgt das Ziel, dass ein Verletzter einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger hat, wenn der Schädiger ein Gesetz verletzt hat, welches den Schutz des Verletzten bezweckt.

Damit dies der Fall ist, müssen drei Voraussetzungen vorliegen:

  • Gesetz: Es muss ein formelles Gesetz vorliegen. Dies richtet sich nach Art. 2 EGBGB und erfasst jede Rechtsnorm, also insbesondere alle Gesetze.
  • Ge- oder Verbot: Das Gesetz muss zu einem bestimmten Verhalten verpflichten bzw. ein bestimmtes Verhalten verbieten.
  • Individualschutz: Das Gesetz muss den Schutz des Geschädigten dienen, dafür reicht es aus, wenn der Schutz des Verletzten jedenfalls auch Zweck des Gesetzes war. Dafür ist es insbesondere erforderlich, dass der Geschädigte zum geschützten Personenkreis gehört.

2. Verletzung eines Schutzgesetzes

Das Schutzgesetz muss verletzt worden sein. Dafür ist es erforderlich, dass alle Voraussetzungen des Schutzgesetzes erfüllt wurden.

3. Rechtswidrigkeit

Wenn das Schutzgesetz verletzt wurde, führt dies grundsätzlich dazu, dass auch die Rechtswidrigkeit vorliegt. Die Rechtswidrigkeit kann allerdings durch das Vorliegen von Rechtfertigungsgründen entfallen.

Die wichtigsten Rechtfertigungsgründe sind:  

  • §§ 227 ff. BGB
  • § 904 BGB
  • §§ 906 ff. BGB
  • § 921 f. BGB
  • Die berechtigte GoA
  • § 127 StPO
  • §§ 34, 193 StGB
  • §§ 22 f. KunstUrhG
  • Die Einwilligung

4. Verschulden

Das Verschulden liegt vor, wenn vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt wurde.  

Bei der Prüfung von § 823 Abs. 2 BGB ist es wichtig, vier Punkte im Blick zu haben:

  • Zwingend erforderlich: Auch wenn das Schutzgesetz kein Verschulden erfordert, ist es für den Schadensersatzanspruch erforderlich, dass das Verschulden bezüglich der Verletzung des Schutzgesetzes vorliegt.  
  • Keine doppelte Prüfung: Wenn das Schutzgesetz selbst Verschulden voraussetzt, ist es nicht erforderlich, das Verschulden doppelt zu prüfen.
  • § 278 BGB nicht anwendbar: Es ist besonders wichtig, zu bedenken, dass § 278 BGB bei § 823 BGB nicht anwendbar ist. Die Zurechnung des Verschuldens von Dritten erfolgt im Deliktsrecht über § 831 BGB und die analoge Anwendung von § 31 BGB für Organe einer Gesellschaft (etwa Vorstände bei einer Aktengesellschaft).
  • Keine Vermutung: Außerdem wird das Verschulden bei § 823 BGB anders als bei § 280 Abs. 1 BGB nicht vermutet, sondern muss positiv festgestellt werden.  

5. Schaden & Rechtsfolge

Wenn aus der Rechtsgutsverletzung ein Schaden entstanden ist, muss dieser ersetzt werden. Das dafür erforderliche Prüfungsschema ergibt sich aus §§ 249 ff. BGB. Hier ist insbesondere auch an § 254 BGB zu denken.

Diese Prüfungsschritte bieten sich für die Prüfung des Schadens an:

  1. Bestimmung der zu ersetzenden Einbuße
    - Schaden
    - Haftungsausfüllende Kausalität
    - Schutzzweck der Norm (insb. Vorteilsanrechnung & Ersatzfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen)
  2. Ersatzfähigkeit des Schadens nach §§ 249 ff. BGB (z.B. Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB, immaterieller Schadensersatz nach § 253 BGB usw.)
  3. Kürzung wg. Mitverschuldens, § 254 BGB

Häufig gestellte Fragen

Wann prüft man § 823 Abs. 2 BGB?
§ 823 II BGB wird geprüft, wenn ein Schadensersatzanspruch in Betracht kommt und die Möglichkeit besteht, dass ein Schutzgesetz verletzt wurde.
Ist § 823 II BGB iVm § 263 StGB eine Anspruchsgrundlage?
§ 823 II BGB iVm § 263 StGB ist eine Anspruchsgrundlage, da § 263 StGB ein Schutzgesetz darstellt.
Was versteht man unter einem Schutzgesetz?
Ein Schutzgesetz liegt vor, wenn ein formelles Gesetz vorliegt, welches ein Handlungsgebot oder -verbot enthält und dem Schutz des Geschädigten dient.
Ist § 242 StGB ein Schutzgesetz?
§ 242 StGB ist ein Schutzgesetz, da es dem Schutz des Einzelnen dient, indem es sein Eigentum schützt, und es sich um ein formelles Gesetz handelt.
Ist § 229 StGB ein Schutzgesetz?
§ 229 StGB ist ein Schutzgesetz, da es aufgrund des bezweckten Lebensschutzes dem Schutz des Einzelnen dient und es sich um ein formelles Gesetz handelt.