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Schema § 831 BGB

§ 831 BGB: Prüfungsschema

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Tobias Escherich
Aktualisiert am 
27.12.2024
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Prüfungsschema § 831 BGB:

  1. Verrichtungsgehilfe
  2. Schadenszufügung durch den Verrichtungsgehilfen
  3. Rechtswidrigkeit
  4. In Ausführung der Verrichtung
  5. Keine Entlastung
  6. Rechtsfolge: Schadensersatz

Häufige Klausurschwerpunkte:

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1. Verrichtungsgehilfe  

Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn umfassend weisungsabhängig in dessen Interessenkreis tätig ist und in die Geschäftsorganisation des Geschäftsherrn eingegliedert ist.

Zu der Frage, ob jemand Verrichtungsgehilfe ist, sind folgende Aspekte zu beachten:

  • Unterschied zu § 278 BGB: Der wesentliche Unterschied zwischen § 278 BGB und § 831 BGB besteht darin, dass bei § 831 BGB die Weisungsabhängigkeit erforderlich ist. Dies bedeutet, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Verrichtungsgehilfen in zeitlicher und inhaltlicher Ausgestaltung bestimmen kann.
  • Faktische Unmöglichkeit: Keine Bedeutung hat es, wenn die Überwachung faktisch unmöglich ist, etwa aufgrund der hohen Spezialisierung des Verrichtungsgehilfen.
  • Beispiele: Arbeitnehmer sind typische Verrichtungsgehilfen, keine Verrichtungsgehilfen sind etwa Selbstständige, sofern das Weisungsrecht nicht besteht.

2. Schadenszufügung durch den Verrichtungsgehilfen

Dazu muss der Verrichtungsgehilfe einen Schaden zugefügt haben. Erforderlich ist dafür, dass eine unerlaubte Handlung nach §§ 823 ff. BGB begangen wurde. Entsprechend muss in diesem Prüfungspunkt eine vollständige Inzidentprüfung der möglichen Norm (i.d.R. § 823 Abs. 1 BGB) vorgenommen werden. Der einzige Prüfungspunkt, der nicht geprüft werden muss, ist das Verschulden. § 831 BGB setzt lediglich voraus, dass die Handlung widerrechtlich war, entsprechend ist das Verschulden entbehrlich.

3. Widerrechtlichkeit

Außerdem muss die Schadenszufügung widerrechtlich gewesen sein. Grundsätzlich führt die Schadenszufügung dazu, dass die Rechtswidrigkeit vorliegt. Die Widerrechtlichkeit entfällt nur, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

4. In Ausführung der Verrichtung

Es ist erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der übertragenen Aufgabe und der Schädigung besteht. Dies ist der Fall, wenn die übertragene Tätigkeit die Schädigung erleichtert bzw. das Risiko einer Schädigung erhöht hat. Nicht ausreichend ist es dafür, dass die Schädigung alleine bei Gelegenheit der Verrichtung der Tätigkeit begangen wurde.

Beispiele:

  • Flughafen: Wenn ein Mitarbeiter der Gepäckabfertigung einen zur Abfertigung abgegebenen Koffer entwendet, erfolgt dies in Ausführung der Verrichtung.
  • Überschwemmung: Wenn ein Mitarbeiter das Wasser vom Reinigen seiner Geräte laufen lässt und dadurch ein Haus unter Wasser setzt, erfolgt dies in Ausführung der Verrichtung.
  • Mitfahrt: Wenn der Geschäftsherr ausdrücklich die Mitnahme von fremden Personen in einem LKW untersagt hat, der LKW-Fahrer, welcher nur Waren transportieren soll, dies trotzdem macht, dann handelt der LKW-Fahrer nicht in Ausführung der Verrichtung.

5. Keine Entlastung

§ 831 BGB liegt die Vermutung zugrunde, dass der Geschäftsherr (als der „Arbeitgeber“ des Verrichtungsgehilfen) bei der Auswahl und Überwachung des Verrichtungsgehilfen sorgfaltswidrig vorgegangen ist. Wenn ein solcher Sorgfaltsverstoß nicht vorliegt, entfällt auch die Haftung des Geschäftsherrn. In den folgenden beiden Fällen ist der Geschäftsherr von der Haftung befreit:

  • Widerlegung der Verschuldensvermutung: Wenn der Geschäftsherr sowohl bei der Auswahl als auch bei der Überwachung des Verrichtungsgehilfen sorgfältig gehandelt hat, entfällt der Schadensersatzanspruch. Die genauen Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. So sind die Anforderungen an die Überwachung umso höher, je weniger Berufserfahrung und je gefährlicher eine Handlung ist.
  • Widerlegung der Kausalität: Wenn der Geschäftsherr nachweisen kann, dass der Schaden auch entstanden wäre, wenn der Geschäftsherr sorgfältig gehandelt hätte, dann entfällt der Schadensersatzanspruch ebenfalls.

6. Schaden & 7. Rechtsfolge

Wenn aus der Rechtsgutsverletzung ein Schaden entstanden ist, muss dieser ersetzt werden. Das dafür erforderliche Prüfungsschema ergibt sich aus §§ 249 ff. BGB. Hier ist insbesondere auch an § 254 BGB zu denken.

Diese Prüfungsschritte bieten sich für die Prüfung des Schadens an:

  1. Bestimmung der zu ersetzenden Einbuße
    - Schaden
    - Haftungsausfüllende Kausalität
    - Schutzzweck der Norm (insb. Vorteilsanrechnung & Ersatzfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen)
  2. Ersatzfähigkeit des Schadens nach §§ 249 ff. BGB (z.B. Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB, immaterieller Schadensersatz nach § 253 BGB usw.)
  3. Kürzung wg. Mitverschuldens, § 254 BGB  

Häufig gestellte Fragen

Wann ist § 831 BGB anwendbar und wann § 278 BGB?
§ 278 BGB ist anwendbar für die Zurechnung von fremden Verschulden innerhalb von bestehenden Schuldverhältnissen. Innerhalb eines vertraglichen Schadensersatzanspruches (z.B. § 280 BGB) wird § 278 BGB innerhalb des Prüfungspunktes Verschulden geprüft. § 831 BGB ist ein eigener Schadensersatzanspruch.
Ist § 831 BGB eine eigene Anspruchsgrundlage?
§ 831 BGB ist eine eigene Anspruchsgrundlage. Der Grund für die Haftung nach § 831 BGB ist das vermutete eigene Auswahl- und Überwachungsverschulden.
Was ist ein Verrichtungsgehilfe?
Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen & Wollen des Geschäftsherrn umfassend weisungsabhängig in dessen Interessenkreis tätig ist und in die Organisationssphäre des Geschäftsherrn eingegliedert ist.
Sind Angestellte Verrichtungsgehilfen?
Angestellte sind Verrichtungsgehilfen. Angestellte sind im Interessenkreis des Arbeitgeber tätig, weisungsabhängig und in die Organisation des Arbeitgebers eingegliedert und somit Verrichtungsgehilfen.
Was bedeutet § 831 BGB?
§ 831 BGB ist ein Schadensersatzanspruch aus dem Deliktsrecht.