Jura-Referendariat
Sitzungsdienst Staatsanwaltschaft

Sitzungsdienst bei der Staatsanwaltschaft

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Tobias Escherich
Aktualisiert am 
11.8.2024
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Das Wichtigste in Kürze:

  • Beim Sitzungsdienst nehmen Referendare als Vertreter der Staatsanwaltschaft eigenständig an Gerichtsprozessen teil.
  • Referendare werden durch die Arbeitsgemeinschaft und ein Vorgespräch mit dem Ausbilder ausreichend auf den Sitzungsdienst vorbereitet.
  • Referendare sollten ohne Zustimmung des Ausbilders keiner Einstellung des Verfahrens zustimmen oder den Rechtsmittelverzicht erklären.

Was ist der Sitzungsdienst bei der Staatsanwaltschaft?

Unter der Übernahme von Sitzungsdiensten versteht man, wenn Referendare als Vertreter der Staatsanwaltschaft vor Gericht bei echten Prozessen auftreten. Der Sitzungsdienst stellt einen Teil der Station bei der Staatsanwaltschaft dar. Die Besonderheit der Übernahme von Sitzungsdiensten besteht darin, dass Referendare vollständig eigenständig auftreten. Während es bei der Leitung von Verhandlungen im Rahmen der Zivilstation üblich ist, dass der Richter die Prozessführung überwacht, besteht eine solche Kontrolle bei den Sitzungsdiensten nicht.

Wie läuft der Sitzungsdienst ab?

Der Sitzungsdienst besteht im Wesentlichen aus drei Teilen. Zuerst bereitet der Referendar den Termin gemeinsam mit dem Ausbilder vor, anschließend wird der Termin durch den Referendar wahrgenommen und im Anschluss wiederum gemeinsam mit dem Ausbilder nachbereitet.

  • Einteilung: Die Einteilung erfolgt bei den meisten Staatsanwaltschaften nach einem festen Rotationsprinzip. Alle Referendare übernehmen also der Reihe nach Termine. Wenn alle Referendare einmal dran waren, geht es wieder von vorne los. Üblicherweise werden Referendare ca. eine Woche im Voraus über den genauen Termin und die Verfahren informiert.
  • Einarbeiten in die Handakte: Gemeinsam mit der Einteilung zum Sitzungsdienst erhalten Referendare die Handakten. Unter der Handakte versteht man die Unterlagen, welche ein Staatsanwalt braucht, um den Prozess führen zu können. Somit gehören zu den Handakten insbesondere die Anklageschrift, der BZR-Auszug und manchmal auch Beweismittel, z.B. Zeugenaussagen, Gutachten usw. Zur Vorbereitung auf den Sitzungsdienst ist es empfehlenswert, die Akten einmal durchzulesen. Dadurch bekommt man einen groben Überblick über den Ablauf und Inhalt des Prozesses. Gleichzeitig ist es aber auch nicht erforderlich, sich in jedes Detail einzuarbeiten. Beim Sitzungsdienst besteht die Aufgabe als Referendar primär darin, die Anklageschrift zu verlesen und ein Plädoyer zu halten, dafür genügt es, einen groben Überblick über den Prozess zu haben.
  • Besprechung mit dem Ausbilder: Nach der Einarbeitung bespricht man die Akten mit dem Ausbilder. Dabei werden in der Regel alle potenziellen Probleme des Falls besprochen, sodass man als Referendar weiß, wie man in der Verhandlung zu reagieren hat. So würde man etwa mit dem Ausbilder besprechen, wie auf einen Beweisantrag der Verteidigung zu reagieren ist o.ä. Auch bespricht man mit dem Ausbilder, welche Strafe beantragt werden soll, sodass man sich keine Strafhöhe ausdenken muss.
  • Vorbereitung auf mögliche prozessuale Probleme: Nach der Vorbereitung des Termins mit dem Ausbilder, ist keine weitere Vorbereitung des Prozesses erforderlich. Theoretisch ist es möglich, dass in dem Gerichtsprozess unvorhergesehene Probleme auftreten, etwa kann ein Zeuge nicht erscheinen. Es ist unmöglich, sich als Referendar auf jedes prozessuale Problem vorzubereiten. Außerdem kann man während des Gerichtsprozesses jederzeit um eine Pause bitten, um mit dem Ausbilder telefonieren zu können. Dazu laufen die meisten Prozesse auch ohne (prozessuale) Probleme ab. Entsprechend lohnt es sich nicht, sich intensiv auf die prozessualen Probleme des Sitzungsdienstes vorzubereiten.
  • Gerichtstermin: Grundsätzlich ist es die Aufgabe von Referendaren, während der Gerichtsprozesse als Vertreter der Staatsanwaltschaft auf die Einhaltung des Rechts hinzuwirken. Allerdings ist man als Referendar völlig unerfahren verglichen zum Richter. Außerdem handelt es sich bei den Verfahren, die Referendare übernehmen, üblicherweise um einfache Verfahren. Deswegen besteht die Wahrnehmung des Gerichtstermins primär daraus, anwesend zu sein, die Anklage vorzulesen und ein Plädoyer zu halten.
  • Nachbereitung: Im Anschluss an den Gerichtstermin muss man einen kurzen Bericht über den Ablauf des Prozesses verfassen. Dabei hilft einem üblicherweise der Ausbilder. Um den Bericht verfassen zu können, ist es sinnvoll, sich während des Gerichtstermins Notizen zu machen, damit man nichts vergisst. Das gilt insbesondere, wenn in einem Termin mehrere Straftaten angeklagt werden, sodass eine Gesamtstrafe gebildet wird. Hierbei ist es wichtig, sich neben der Gesamtstrafe auch alle Einzelstrafen zu notieren.

Wie bereitet man sich auf den Sitzungsdienst vor?

Für viele Referendare stellt der Sitzungsdienst eine erhebliche Belastung dar. Zum ersten Mal nimmt man an einem echten Gerichtstermin teil, ohne von einem erfahrenen Juristen begleitet zu werden. Entsprechend ist es sinnvoll, sich auf den Sitzungsdienst ausreichend vorzubereiten.

Gleichzeitig sollte man allerdings bedenken, dass der überwiegende Anteil der Sitzungsdienst völlig unproblematisch abläuft und man als Referendar lediglich die Anklage und das Plädoyer vorlesen muss. Deshalb sind die folgenden Vorbereitungsmittel für eine gewissenhafte Vorbereitung völlig ausreichend:

  • Arbeitsgemeinschaft: Die wichtigsten Details zum grundsätzlichen Ablauf des Sitzungsdienstes erfahren Referendare im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft.
  • Besprechung mit Staatsanwalt: Für die Vorbereitung des konkreten Termins ist die Besprechung mit dem Ausbilder zentral. Gleichzeitig ist die Besprechung mit dem Ausbilder auch völlig ausreichend für den Sitzungsdienst.
  • Vorbereitung des Plädoyers: Das Plädoyer soll in freier Rede gehalten werden. Entsprechend ist es sinnvoll, sich vor dem Sitzungsdienst mit dem Aufbau des Plädoyers vertraut zu machen.
  • Lehrbücher / Vorbereitungskurse: Nicht erforderlich ist es demgegenüber, sich für den Sitzungsdienst spezielle Lehrbücher zu kaufen oder Kurse zu besuchen: Insbesondere einige Lehrbücher (z.B. Staatsanwaltlicher Sitzungsdienst von Brunner / von Heintschel-Heinegg oder Lehrbuch von Theiß) sind durchaus hilfreich, allerdings sind diese deutlich detaillierter als für den Sitzungsdienst erforderlich. Gleichzeitig würde es sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, die Lehrbücher zu bearbeiten. Entsprechend ist es ausreichend, bei Spezialproblemen den Ausbilder anzurufen, anstatt sich das Fachwissen selbst anzueignen.

Was dürfen Referendare im Sitzungsdienst nicht machen?

Wichtig ist es, dass Referendare bestimmte Handlungen bei Gericht nicht eigenständig vornehmen dürfen. Indem die Handlungen gleichwohl wirksam sind, dürfen die folgenden Handlungen nur nach Rücksprache mit dem Ausbilder / Bereitschaftsdienst vorgenommen werden:

  • Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens (§§ 153, 153a StPO).
  • Antrag auf vorläufige Einstellung gem. § 154 StPO.
  • Erlass eines Strafbefehls, § 408a StPO.
  • Erklärung des Rechtsmittelverzichts.

Hierbei sollte man allerdings bedenken, dass Richter wissen, dass Referendare diese Handlungen nicht vornehmen dürfen. Entsprechend kommen Referendare meist schon gar nicht in die Situation, dass sie entsprechende Handlungen vornehmen können.

Außerdem stellt es kein Problem dar, im Plädoyer auf Freispruch zu plädieren.  

Tipps für den Sitzungsdienst

  • Entspannen: Der Sitzungsdienst stellt eine spannende Erfahrung dar, eigenverantwortlich an einem Gerichtsprozess mitzuwirken. Gleichzeitig wird der Sitzungsdienst allerdings weder bewertet, noch ist er für das Examen relevant. Entsprechend ist es nicht wichtig, den „perfekten“ Sitzungsdienst abzulegen, sondern es reicht aus, die eigenen Aufgaben gewissenhaft zu erledigen, solange man keine unzulässigen Handlungen vornimmt.
  • Telefonieren: Wenn man sich unsicher ist, was man machen soll, kann man jederzeit den Richter um eine Pause bitten, um mit dem Ausbilder / Bereitschaftsdienst zu telefonieren.
  • Nichts vergessen: Folgende Sachen sollte man zum Sitzungsdienst mitnehmen: Handakte, Robe (& weiße Krawatte als Mann), Gesetz (auch digital möglich), Schreibunterlagen für Notizen, Handy, Snacks & Getränk. Man kann auch einen Kommentar mitnehmen, wobei dies nicht zwingend erforderlich ist.
  • Richtige Terminologie: Es ist sinnvoll, bei Gericht die richtige Terminologie zu verwenden, so muss etwa beim Verlesen der Anklage das Wort Angeschuldigter durch das Wort Angeklagter ausgetauscht werden.  
  • Notizen machen: Um einen vollständigen Abschlussbericht zu verfassen, ist es sinnvoll, sich Notizen zu den wesentlichen Geschehnissen zu machen.
  • Kleidung: Als Vertreter der Staatsanwalt muss man auch wie einer gekleidet sein. Die erforderliche Robe erhalten Referendare von der Staatsanwaltschaft.

Häufig gestellte Fragen

Ist der Sitzungsdienst verpflichtend?
In den meisten Bundesländern sind Referendare während der Strafstation zur Teilnahme am Sitzungsdienst verpflichtet. Referendaren, welche die Wahlstation bei der Staatsanwaltschaft verbringen, steht es üblicherweise frei, Sitzungsdienste zu übernehmen.
Wie hoch ist die Arbeitsbelastung durch Sitzungsdienste?
Der Sitzungsdienst nimmt in etwa zwei Arbeitstage in Anspruch. Ein Tag entfällt dabei auf den Gerichtsprozess selbst. Die Vor- und Nachbereitung nehmen zusammen ebenfalls in etwa einen Arbeitstag in Anspruch.
Bekommt man die Kosten für den Sitzungsdienst erstattet?
Die Robe für den Sitzungsdienst wird von der Staatsanwaltschaft gestellt, die Kosten für die Anfahrt bekommt man erstattet, wobei der Erstattungsprozess üblicherweise sehr aufwendig ist. Die Kosten für die Krawatte müssen Referendare in der Regel selbst tragen.
Welche Kleidung müssen Referendare beim Sitzungsdienst tragen?
Auch Referendare müssen bei Gericht in Robe auftreten. Unter der Robe ist es empfehlenswert, ebenfalls ordentliche Kleidung zu tragen. Es empfiehlt sich, unter der Robe ein Hemd / Bluse zu tragen, sowie einen Anzug oder eine ordentliche Jeans und ordentliche Schuhe.
Was ist beim Verlesen der Anklage beim Sitzungsdienst zu beachten?
Es ist wichtig, die ganze Anklage zu verlesen. Referendare dürfen als auch bei umfangreichen Anklagen nichts weglassen, sondern müssen die vollständige Anklage vorlesen.