Als Jurist ins Private Equity
Das Wichtigste in Kürze:
- Private Equity Fonds kaufen nicht börsennotierte Unternehmen, um den Wert der Unternehmen zu steigern, um die Unternehmen anschließend teurer zu verkaufen.
- Die Arbeit in Private Equity Fonds besteht primär daraus, Unternehmen zu erwerben und anschließend so zu verändern, dass der Unternehmenswert steigt.
- Der Berufseinstieg im Private Equity ist sehr schwierig, am besten gelingt der Einstieg, wenn man zuvor in einer Unternehmensberatung oder im Investment Banking gearbeitet hat.
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Was ist Private Equity?
Unter Private Equity versteht man die Beteiligung an nicht-börsengehandelten Unternehmen. Das Gegenteil von Private Equity ist Public Equity, also Unternehmensanteile von Unternehmen, die an der Börse notiert sind, die auch Aktien genannt werden. Aufgrund der fehlenden Börsennotierung geht es beim Private Equity grundsätzlich darum, den Wert des Unternehmens zu steigern und Gewinne zu erwirtschaften, welche den Eigentümern des Unternehmens zugutekommen.
Was macht ein Private Equity Fonds?
Ein Private Equity Fonds erwirbt nicht-börsengehandelte Unternehmen mit dem Ziel, den Wert des Unternehmens zu steigern. Typischerweise halten Private Equity Fonds Unternehmen 5 bis 8 Jahre. Während dieser Zeit versuchen sie, den Gewinn des Unternehmens so stark wie möglich zu steigern. Das für den Erwerb des Unternehmens erforderliche Geld erhalten Private Equity-Fonds typischerweise von sehr vermögenden Privatpersonen, Staatsfonds und / oder Versicherungen. Diese nutzen Private Equity Fonds zur Diversifikation, um neben Aktien noch auf einem anderen Weg in Unternehmen zu investieren.
Die Beteiligung an nicht börsennotierten Unternehmen wird dabei typischerweise in drei Bereiche unterteilt:
- Private Equity Fonds: Private Equity Fonds erwerben Unternehmen, die bereits Cashflow generieren, um den Wert dieser Unternehmen zu steigern. Früher wurde der Gewinn primär dadurch generiert, für den Unternehmenserwerb mit Schulden zu finanzieren und das Unternehmen dann die Schulden tilgen zu lassen. Inzwischen liegt der Fokus von Private Equity Fonds darauf, den Wert der Unternehmen ein verbessertes Management zu steigern. Es geht also darum, bisher nicht genutzte Potentiale zu heben oder die Kosten zu reduzieren. Um entsprechende Maßnahmen umsetzen zu können, erwerben Private Equity Fonds typischerweise das Unternehmen vollständig oder jedenfalls eine Mehrheitsbeteiligung.
- Venture Capital Fonds: Auch Venture Capital Fonds beteiligen sich an nicht-börsengehandelten Unternehmen. Der Unterschied zu Private Equity Fonds besteht allerdings darin, dass sich Venture-Capital Fonds an sehr jungen Unternehmen in der Wachstumsphase beteiligen. Bei Venture Capital Fonds geht es darum, Unternehmen beim Wachstum zu helfen. Venture Capital Fonds nehmen in der Regel wenig Einfluss auf das operative Geschäft. Dazu erwerben Venture Capital Fonds typischerweise nur geringe Anteile am Unternehmen, wodurch sie sich von Private Equity Fonds unterscheiden.
- Growth Capital Fonds: Growth Capital Fonds befinden sich zwischen Private Equity Fonds und Venture Capital Fonds. Bei Growth Capital Fonds geht es darum, Unternehmen beim Wachstum zu unterstützen. Im Gegensatz zu Private Equity Fonds erwerben Growth Capital Fonds keine Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen. Entsprechend geht es Growth Capital Fonds nicht darum, die Mehrheit an einem Unternehmen zu übernehmen. Stattdessen soll ein spezifischer Wachstumspfand finanziert werden (z.B. eine Übernahme, ein Markteintritt o.ä.). Im Gegensatz zu Venture Capital Fonds sind die Unternehmen allerdings bereits „reifer“. Typischerweise erwirtschaften die Unternehmen bereits Gewinne, sodass allerdings auch keine extremen Wertsteigerungen wie bei Start-ups möglich sind.
Es gibt sehr viele verschiedene Private Equity Fonds, folgende Merkmale werden typischerweise verwendet, um Private Equity Fonds zu unterteilen.
- Größe: Typischerweise werden Private Equity Fonds nach der Größe des Fonds und damit verbunden der Größe der erworbenen Unternehmen unterteilt. Typischerweise erfolgt die Aufteilung in Small- / Mid- und Large-Cap Fonds. Small-Cap Fonds erwerben Unternehmen, deren Unternehmenswert maximal im zweistelligen Millionenbereich liegt. Mid-Cap Fonds erwerben Unternehmen, deren Unternehmenswert ca. im Bereich von 10 Mio. € bis 100 Mio. Euro liegt. Large-Cap Fonds erwerben Unternehmen, deren Unternehmenswert über 100 Mio. Euro liegt.
- Sektor: Einige Private Equity Fonds spezialisieren sich auf bestimmte Sektoren, insbesondere im Bereich Health-Care oder Real Estate gibt es Fonds, die ausschließlich Unternehmen aus diesen Sektoren erwerben.
- Anlass: Dazu gibt es Private Equity Fonds, die ausschließlich Unternehmen in bestimmten Situationen erwerben. Sehr verbreitet sind dabei sog. „Turn-Around“-Fonds, also solche Private Equity Fonds, die Unternehmen in Krisensituationen erwerben und versuchen, diese „umzudrehen“, also wieder profitabel zu machen.
Arbeit im Private Equity
(Große) Private Equity Fonds verwalten zwar extrem viel Geld, gleichzeitig sind Private Equity Fonds allerdings personell sehr schlank aufgestellt. Entsprechend stellen Private Equity Fonds grundsätzlich nur „fertig ausgebildete“ Mitarbeiter ein. Dies bedeutet, dass von Berufseinsteigern erwartet wird, alle relevanten Fähigkeiten bereits zu beherrschen. Dazu gehört es insbesondere, Unternehmen perfekt bewerten zu können. Die Arbeit in Private Equity Fonds lässt sich grundsätzlich in drei Kategorien unterteilen.
- Sourcing: Im Sourcing geht es darum, Unternehmen zu finden, die man potenziell übernehmen kann. Insbesondere bei Small- und Mid-Cap-Fonds geht es mithin darum, Unternehmen zu finden, die in die eigene Anlagestrategie fallen, deren Unternehmenswert finanzierbar ist und deren Eigentümer bereit sind, das Unternehmen zu verkaufen. Entsprechend handelt es sich um eine sehr kleinteilige und mühselige Arbeit, die einzelnen Sektoren „zu durchforsten“. Bei Large Cap Fonds nimmt das Sourcing nur einen geringen Teil der Arbeit ein, da die Unternehmen, welche in die Investitionsstrategie fallen, so groß sind, dass diese „marktbekannt“ sind.
- Deals: Der zweite große Bestandteil der Arbeit besteht darin, Unternehmen zu erwerben. Dabei fängt die Arbeit damit an, entsprechende Unternehmen zu bewerten und vorm Verkauf zu überprüfen (sog. Due Diligence Prüfung), um sicherzustellen, dass man kein Fehlinvestment tätigt. Dabei werden Private Equity Fonds allerdings typischerweise sehr intensiv durch externe Berater unterstützt (z.B. Unternehmensberatungen, Anwälte, Wirtschaftsprüfer usw.). Deshalb übernehmen Angestellte in Private Equity Fonds mehr Aufgaben im Bereich Prozessmanagement und Deal-Koordination.
- Management: Der Dritte umfangreiche Teil der Arbeit besteht darin, die erworbenen Unternehmen zu führen. Das Ziel von Private Equity Fonds, den Unternehmenswert zu steigern, setzt voraus, sich intensiv mit den jeweiligen Unternehmen auseinander zu setzen. Allerdings übernehmen Private Equity Fonds nicht selbst die Unternehmensführung. Stattdessen besteht die Aufgabe darin, einen tiefen Einblick in das Unternehmen zu erhalten und die richtigen Manager für das jeweilige Unternehmen zu finden. Manager der Portfolio-Unternehmen erhalten häufig hohe variable Vergütungen und werden somit finanziell dazu incentiviert, den Unternehmenswert möglich stark zu steigern. Entsprechend besteht die Arbeit von Private Equity Fonds darin, entsprechende Manager zu finden und diese bei der Unternehmensführung zu begleiten.
Fähigkeiten im Private Equity
Die im Private Equity geforderten Fähigkeiten ergeben sich stark aus der täglichen Arbeit im Private Equity. Es geht im Kern darum, Unternehmen (sehr schnell) bewerten zu können, sich in Industrien einzuarbeiten, um die Herausforderungen zu verstehen, und kompetente Manager auszuwählen. Deshalb sind folgende Fähigkeiten im Private Equity essenziell:
- Technical: Angestellte im Private Equity müssen sehr gut darin sein, den Wert eines Unternehmens zu berechnen. Dabei ist es wichtig, die gängigen Bewertungsmodelle (Multiples, Leveraged Buyout Model usw.), perfekt zu beherrschen. Dafür sind einerseits sehr gute Excel-Skills erforderlich, als auch ein gutes Verständnis von Bilanzen (nach IFRS und HGB). Außerdem sollte man bewerten können, wie sich verschiedene Finanzierungsformen wie auf das Unternehmen auswirken.
- Commercial: Die zweite wichtige Fähigkeit, die Mitarbeiter beherrschen müssen, ist ein Gefühl für Geschäftsmodelle zu haben. Es geht also darum, herauszuarbeiten, wie einzelne Märkte aussehen, welche Gefahren in den Märkten bestehen, worin das jeweilige Alleinstellungsmerkmal von Unternehmen liegt, wie weiteres Wachstum generiert werden kann usw.
- People: Eine sehr wichtige Fähigkeit im Private Equity ist es, die richtigen Leute auszuwählen und gut vernetzt zu sein. Viele Investment- und Verkaufsgelegenheiten ergeben sich daraus, die richtigen Leute zu kennen. Diese Fähigkeit ist insbesondere für Führungskräfte im Private Equity essenziell. Dazu ist es ebenfalls erforderlich, die richtigen Berater auszuwählen und zu führen. Aufgrund der sehr dünnen Personaldecke in Private Equity Fonds, werden für nahezu alle inhaltlichen Probleme externe Berater herangezogen, welche geführt werden müssen.
Berufseinstieg im Private Equity (als Jurist)
Der Berufseinstieg im Private Equity ist extrem schwierig. Einerseits gibt es nur sehr wenig Einstiegsmöglichkeiten und zum anderen ist die Branche sehr beliebt. Dazu kommt, dass Private Equity Fonds ihre Angestellten nicht ausbilden. Es wird erwartet, dass Angestellte vom ersten Tag an eigenständig mitarbeiten können. Deshalb stellen Private Equity Fonds grundsätzlich keine Berufseinsteiger ein. Um also in einem späteren Karriereschritt in einem Private Equity Fonds anfangen zu können, sollte man entweder im Investment Banking oder in der Unternehmensberatung (bei McKinsey, BCG oder Bain) anfangen. Dies sind die beiden Branchen, aus denen Private Equity Fonds nahezu alle ihre Angestellten rekrutieren. Dies gilt entsprechend auch für Juristen. Wer also perspektivisch im Private Equity arbeiten möchte, sollte entweder in der Unternehmensberatung oder im Investment Banking anfangen. Wie der Berufseinstieg in diesen Branchen gelingt, haben wir euch in einem Artikel zum Berufseinstieg im Investment Banking und zum Berufseinstieg in der Unternehmensberatung dargestellt. In diesen beiden Branchen solltet ihr wissen, dass das zweite Staatsexamen nicht erforderlich ist. Wer also unbedingt ins Private Equity möchte, sollte in Erwägung ziehen, nach dem ersten Staatsexamen die juristische Ausbildung zu beenden. Dazu gibt es einen weiteren Weg für den Berufseinstieg im Private Equity. Einige Private Equity Fonds haben einen eigenen General Counsel, welcher für alle aufkommenden Rechtsfragen zuständig ist und die Zusammenarbeit mit Großkanzleien steuert. Für solche Positionen werden typischerweise Anwälte von Großkanzleien ausgewählt, welche die Private Equity Fonds bereits aus der Zusammenarbeit kennen. Für diesen Karriereweg ist es deshalb sinnvoll, in einer stark transaktionsbezogenen Großkanzlei anzufangen (z.B. Milbank, Kirkland usw.).