Jura-Referendariat in Bayern: Die Zivilstation
Das Wichtigste in Kürze:
- Das Referendariat beginnt in Bayern mit der Zivilstation, die fünf Monate dauert.
- Hervorzuheben ist die sehr gute Ausbildung in der Arbeitsgemeinschaft. Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern wird der Stoff in der Arbeitsgemeinschaft umfassend behandelt. Deshalb ist es nicht zwingend erforderlich, neben der Arbeitsgemeinschaft zu lernen.
- In Bayern gibt es hauptberufliche Arbeitsgemeinschaftsleiter. Entsprechend verfügen die AG-Leiter über große Erfahrung zu den Anforderungen im Examen.
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Dauer und Inhalt des Einführungslehrgangs
Die Zivilstation beginnt mit einem Einführungslehrgang, der drei bis vier Wochen dauert. Der Einführungslehrgang wird von einem Richter am Landgericht geleitet. Der Lehrgang findet in der Regel an drei bis vier Tagen statt und dauert zwischen 4 und 8 Stunden pro Tag. Die Teilnahme ist wie bei allen Arbeitsgemeinschaften verpflichtend. Zudem greift während des Einführungslehrgangs eine sog. „Urlaubssperre“.
Ziel des Lehrgangs ist es, die Referendare mit den Arbeitsmethoden in einem zivilrechtlichen Rechtsstreit vertraut zu machen und die theoretischen Grundlagen zu legen, die man für die Zivilstation und die zivilrechtlichen Examensklausuren benötigt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der zivilprozessualen Ausbildung. So werden beispielsweise die Prozessmaximen, der Aufbau eines Urteils und eines Schriftsatzes und der Ablauf eine Verhandlung behandelt. Der Lehrgang ist hilfreich, um einen ersten Überblick über die Rechtsmaterie zu gewinnen, vermittelt jedoch kaum tiefgehendes Wissen. Ein weiterer Vorteil des Einführungslehrgangs ist, dass er eine gute Gelegenheit bietet, seine Kollegen näher kennenzulernen.
Häufigkeit und Inhalt der Arbeitsgemeinschaft
Nach dem Einführungslehrgang, parallel zur praktischen Ausbildung, findet ein bis drei Mal wöchentlich eine Arbeitsgemeinschaft statt. Dabei handelt es sich um die sog. AG 1 Justiz, die bis zur Mitte der Verwaltungsstation läuft. Die Arbeitsgemeinschaft selbst nimmt jeweils ungefähr einen halben Tag in Anspruch, hinzu kommen jedoch jeweils zwei bis drei Stunden Vor- und Nachbereitung. Im Gegensatz zu den AGs in einigen anderen Bundesländern wird der Lernstoff in der Arbeitsgemeinschaft recht umfassend behandelt. Hervorzuheben sind insbesondere die guten Lernmaterialien, die zur Verfügung gestellt werden. Dies ermöglicht einen weitgehenden Verzicht auf weitere Lernmaterialien. Der Unterricht erfolgt dabei primär anhand von alten Examensklausuren und ausformulierten Lösungsskizzen. Dabei haben die AG-Leiter Zugriff auf einen Klausurenpool, sodass die besprochenen Fälle sich im Einzelnen je nach Gruppe unterscheiden können.
Daneben müssen verpflichtende Klausuren a Leistungsnachweis abgefasst werden, die vom jeweiligen hauptamtlichen AG-Leiter korrigiert werden.
Der während der AG 1 stattfindende Kompaktkurs „Kautelarjuristischer Unterricht“ vermittelt außerdem bereits das notwendige theoretische Rüstzeug zur Bewältigung kautelarjuristischer Examensklausuren.
Findet die Arbeitsgemeinschaft auch online statt?
Während Corona hat die Arbeitsgemeinschaft teilweise ausschließlich online stattgefunden. Mittlerweile finden die Arbeitsgemeinschaften wieder weitgehend in Präsenz statt.
Muss man neben der Arbeitsgemeinschaft noch lernen?
Neben der Arbeitsgemeinschaft ist es grundsätzlich empfehlenswert, zusätzlich eigenständig zu lernen. Aufgrund des erheblichen Umfangs der Arbeitsgemeinschaft kann man sich in Bayern zu Beginn des Referendariats darauf beschränken, die Arbeitsgemeinschaft ordentlich vor- und nachzubereiten.
Wie erfolgt die Zuteilung zu den Gerichten für die Ausbildung?
Die praktische Ausbildung erfolgt während der Zivilstation an den Zivilgerichten. Die Verteilung wird durch das OLG vorgenommen. Referendare können dabei üblicherweise örtliche Präferenzen angeben. Die OLGs versuchen die Wünsche der Referendare so gut es geht zu berücksichtigen; gerade in den großen Städten ist es jedoch möglich, dass man seinen Erstwunsch nicht bekommt, wenn man nicht in der Stadt verwurzelt ist oder eine enge Bindung zu ihr hat (z. B. Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität). Die Zuteilung ist dabei sowohl für die Zivil- als auch die darauffolgende Strafstation relevant.
Wie erfolgt die praktische Ausbildung?
Inhaltlich schreibt man während der Station primär Urteile, die man anschließend mit dem Richter bespricht. Sofern man einem Amtsgericht zugeteilt ist, besteht der Vorteil, dass die Sachverhalte und Urteile „examensnäher“ sind. Allerdings haben die regelmäßig deutlich umfangreicheren Fälle am Landgericht den Vorteil, dass diese oft thematisch und juristisch „spannender“ sind. Manche Referendare erhalten während der Station auch die Gelegenheit, selbstständig eine Zeugenvernehmung durchzuführen.
Wie hoch ist die Arbeitsbelastung durch die praktische Ausbildung?
Die Arbeitsbelastung durch die praktische Ausbildung beträgt typischerweise ca. ein bis drei Arbeitstage pro Woche. Allerdings ist dies sehr abhängig davon, welchem Ausbilder man zugeteilt wird.
Stationsplanung
Die Zivilstation ist besonders gut geeignet, um die Anwalts- und Wahlstation zu planen. Dies liegt daran, dass beliebte Ausbildungsstationen in der Anwalts- und insbesondere Wahlstation schnell vergeben sind. Ein Vorteil im Vergleich zu anderen Bundesländern ist, dass man sich teilweise nicht um die Organisation der Verwaltungsstation kümmern muss. Vielmehr muss man nur zum gegebenen Zeitpunkt auf Aufforderung seine Wünsche für potenzielle Ausbildungsstellen angeben.