Jura-Referendariat in Baden-Württemberg: Die Anwaltsstation & Examensvorbereitung
Das Wichtigste in Kürze:
- In Baden-Württemberg gibt es zwei Anwaltsstationen. Die Anwaltsstation I ist die erste der beiden Anwaltsstationen, dauert 4,5 Monate und die dritte Station im Referendariat in Baden-Württemberg.
- Die Anwaltsstation II ist die letzte Station vor den Examensklausuren und dauert 4,5 Monate. Die Anwaltsstation II wird üblicherweise zum Tauchen genutzt.
- Die theoretische Ausbildung durch die Rechtsanwaltskammer ist für das Examen völlig unzureichend. Es ist sehr wichtig, eigenständig zu lernen.
- Zur Vorbereitung auf das Staatsexamen werden verschiedene Klausurenkurse und ein “Probeexamen” angeboten.
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Dauer und Inhalt des Einführungslehrgangs
Ein Einführungslehrgang für die Anwaltsstation bereitet angehende Rechtsanwälte auf ihre Ausbildung vor. Der Lehrgang dauert zwei Wochen und wird von den Rechtsanwaltskammern organisiert und Praktikern gehalten. Die Inhalte umfassen Grundfragen des Anwaltsgebühren- und Kostenrechts, des anwaltlichen Berufsrechts und der Anwaltshaftung sowie Rechtsberatung und Rechtsgestaltung im Zivilrecht, Strafrecht und öffentlichen Recht.
Ein Einführungslehrgang für die Anwaltsstation II wird nicht angeboten, da der Einführungslehrgang bereits in Anwaltsstation I stattfindet.
Die Arbeitsgemeinschaft in der Anwaltsstation I
Neben der praktischen Ausbildung findet auch während der Anwaltsstation I einmal in der Woche eine Arbeitsgemeinschaft statt. Hier werden die Themen aus dem Einführungslehrgang vertieft. Außerdem werden hier auch die notwendigen Kenntnisse im Familien- und Arbeitsrecht vermittelt. Wie zuvor gibt es eine Mischung aus eher theoretischem Unterricht und praxis- bzw. klausurnaher Ausbildung anhand von Klausurfällen.
Muss man neben der Arbeitsgemeinschaft während der Anwaltsstation I noch lernen?
Zwar hat man mit dem Einführungslehrgang und der Arbeitsgemeinschaft Lernangebote vom Land, diese bereiten allerdings nicht ausreichend auf die Examensklausuren vor. Außerdem rückt das Examen mit Beginn der Anwaltsstation I näher, sodass das Lernen im Verlauf der Anwaltsstation I immer wichtiger wird und in der Regel mehr Zeit in Anspruch als in den vorherigen Stationen.
Praktische Ausbildung während der Anwaltsstation I
Die praktische Ausbildung erfolgt bei einem Anwalt, wobei man sich den Ausbilder selbst suchen muss. Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen aller Fachgebiete können die Ausbildung leiten, sofern sie als ausbildungsberechtigt bei der Rechtsanwaltskammer gelten. Eine Zuweisung zu einer Syndikusanwältin oder einem -anwalt in der Rechtsabteilung eines Unternehmens oder Verbandes ist in der Anwaltsstation I leider nicht möglich. Ablauf und Arbeitsaufwand können je nach Ausbilder erheblich variieren. Vorherige Überlegungen, welche Ziele man mit der Anwaltsstation verfolgt, sind daher wichtig.
Auch sollte man sich bereits bei der Wahl der Anwaltsstation I über die Planung der Anwaltsstation II Gedanken machen. Insbesondere die Frage, ob man während der zweiten Station tauchen oder bis kurz vor dem Examen in der Kanzlei arbeiten möchte, sollte man vorab klären. Sofern man nämlich in der zweiten Anwaltsstation tauchen möchte, muss die Station in der gleichen Kanzlei absolviert werden und man sollte die Modalitäten frühzeitig klären. Welche Ausgestaltung am besten passt, hängt vom Lerntyp und der Gestaltung der anderen Stationen ab. Mögliche Vergütungen und die Reputation des Ausbilders sollten ebenfalls berücksichtigt werden.
Die Arbeitsgemeinschaft in der Anwaltsstation II
Auch während der zweiten Anwaltsstation findet stationsbegleitend eine Arbeitsgemeinschaft statt. Der Stoffplan mit den Ausbildungsinhalten und dem zeitlichen Umfang, in welchem die Themen behandelt werden, ist in einer Verwaltungsvorschrift geregelt. Insgesamt umfasst die Arbeitsgemeinschaft in der Anwaltsstation II 44 Unterrichtsstunden. Mit der Zustimmung des Ausbildungsleiters kann man von der Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft befreit werden, sofern die Station weit entfernt vom Ausbildungsort ableistet. Dies ist jedoch grundsätzlich nur in einer der beiden Anwaltsstationen möglich.
Muss man neben der Arbeitsgemeinschaft während der Anwaltsstation II noch lernen?
Typischerweise wird die Anwaltsstation II in Baden-Württemberg zum „tauchen“ genutzt, zumindest jedoch arbeiten die meisten Referendare während dieser Phase deutlich weniger. Insofern liegt der Schwerpunkt klar auf der individuellen Examensvorbereitung. Ob unterstützt durch einen privaten Repetitor oder auf eigene Faust, neben dem Wiederholen des Ausbildungsstoffs sollte man hier besonderen Wert darauf legen, viele Examensklausuren zu schreiben.
Praktische Ausbildung während der Anwaltsstation II
Sofern man die Station zum „tauchen“ nutzt, ist man meist „offiziell“ in der gleichen Kanzlei tätig wie in der Anwaltsstation I. Sofern man während der zweiten Anwaltsstation tatsächlich mehr oder weniger voll arbeiten möchten, bietet es sich an, sich eine andere Kanzlei anzuschauen als in der Anwaltsstation I. So bekommt man insgesamt ein breiteres Bild von der juristischen Arbeitswelt. Außerdem ist in der Anwaltsstation II theoretisch eine Zuweisung zu einer Syndikusanwältin oder einem -anwalt in der Rechtsabteilung eines Unternehmens oder Verbandes möglich.
Insgesamt ist die Anwaltsstation II trotz der oft geringeren Arbeitsbelastung in der praktischen Ausbildung mental meist die anstrengendste Station, dies liegt allerdings primär daran, dass die Examensklausuren auf die Anwaltsstation folgen.
Angebote zur Vorbereitung auf das Staatsexamen
Während der letzten beiden Pflichtstationen Verwaltungsstation und Anwaltsstation II insgesamt 8 Probeexamensklausuren geschrieben. Die Klausuren werden in zwei jeweils einwöchigen Kursen gefertigt.
Die jeweiligen Ausbildungsgerichte bieten neben den verpflichtenden Klausuren auch einen zusätzlichen freiwilligen Klausurenkurs an. Die Teilnahme ist aufgrund der größeren Examensnähe als bei kommerziellen Anbietern dringend zu empfehlen.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Angebote zur Examensvorbereitung in Baden-Württemberg ist der Online-Klausurenkurs, der es einem ermöglicht, zusätzlich zu den Pflichtklausuren der Landgerichte über 20 weitere Klausuren pro Jahr zu schreiben. Dabei werden die allerdings nur die Sachverhalte und Lösungsskizzen digital zirkuliert. Die Bearbeitungen müssen handschriftlich erfolgen und postalisch eingereicht werden. Ein wenig bedauerlich ist auch die Korrekturfrist von bis zu sechs Wochen und mehr. Positiv hervorzuheben ist jedoch die gerade im Vergleich zu kommerziellen Anbietern examensnähere Korrektur.
Meldefrist für das Examen
Anders als in den meisten Bundesländern müssen Referendare die Zulassung zum zweiten Examen in Baden-Württemberg separat beantragen. Die Meldefirst wird in der Ausschreibung der Prüfungen auf der Homepage des JPA rechtzeitig bekannt gegeben. Zum Beispiel war für die Prüfungen im Frühjahr und Herbst 2023 eine Anmeldung bis zum 1. Juni bzw. 1. Dezember 2022 erforderlich. Im Zulassungsantrag trifft man auch die unwiderrufliche Wahl für das Rechtsgebiet des Aktenvortrags, die auch bei einer etwaigen Notenverbesserung nicht mehr geändert werden kann.