Arbeitslosengeld nach dem Referendariat
Das Wichtigste in Kürze:
- Um die Übergangszeit zwischen dem Ende des Referendariats und dem Berufseinstieg zu finanzieren, bietet sich das Arbeitslosengeld 1 an.
- Referendare haben nach dem Referendariat Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 und erhalten in der Regel über 1.000 € im Monat.
- Es gibt einige Möglichkeiten, den Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 stark zu erhöhen. Dazu gehört das Strecken der Vergütung in der Anwaltsstation und eine Wahlstation mit einer hohen Vergütung auszuwählen.
- Referendare müssen sich spätestens drei Tage nach der mündlichen Prüfung arbeitslos melden.
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Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld 1
Um Arbeitslosengeld 1 zu beziehen, müssen drei Voraussetzungen vorliegen:
- Ablauf der Anwartschaftszeit
- Anmeldungen vorgenommen
- Arbeitssuchend sein
Was ist Arbeitslosengeld 1 (ALG 1)?
Nach dem Referendariat möchten viele Referendare erst einmal ein paar Wochen oder Monate den Kopf freibekommen und nicht direkt mit dem Arbeiten anfangen. Allerdings benötigen Referendare (ein bisschen) Geld, um den Alltag bestreiten zu können. Außerdem sind Referendare nach dem Referendariat nicht mehr über den Arbeitgeber, also das Bundesland, kranken- und pflegeversichert. Eine Kranken- und Pflegeversicherung sind allerdings essenziell, um im Falle einer Krankheit oder Verletzung zum Arzt oder ins Krankenhaus gehen zu können.
Deshalb ist es sich wichtig, dass sie Referendare rechtzeitig mit der Finanzierung der Zeit bis zum Berufseinstieg zu beschäftigen.
Die erste Option zur Finanzierung der Zeit bis zum Berufseinstieg ist der Bezug von Arbeitslosengeld. In Betracht kommt zum einen Arbeitslosengeld 1 und zum anderen Arbeitslosengeld 2. Das Arbeitslosengeld 1 ist deutlich attraktiver. Deshalb sollten Referendare – sofern sie die Voraussetzungen erfüllen – Arbeitslosengeld 1 beantragen.
1. Anwartschaftszeit
Für den Bezug von Arbeitslosengeld 1 ist es erforderlich, innerhalb der letzten 30 Monate vor der Arbeitslosmeldung 12 Monate in der Arbeitslosenversicherung versichert gewesen zu sein. Dies ist bei Referendaren grundsätzlich der Fall. Eine Ausnahme besteht für verbeamtete Referendare, diese sind als Beamte nicht in der Arbeitslosenversicherung versichert und erhalten dementsprechend grundsätzlich auch kein Arbeitslosengeld 1.
In folgenden Bundesländern besteht die Möglichkeit, als Referendar verbeamtet zu werden:
- Hessen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Sachsen
- Thüringen
Eine Ausnahme besteht jedoch insoweit, als man als verbeamteter Referendar in Nebentätigkeit gearbeitet hat. Sofern man z. B. parallel zum Referendariat in einer Kanzlei tätig war, kann man auf Grundlage dieses Verdienstes Arbeitslosengeld I erhalten.
2. Anmeldung
Für den Bezug von Arbeitslosengeld 1 sind grundsätzlich zwei Meldungen erforderlich.
a. Meldung als arbeitssuchend
Arbeitnehmer müssen sich drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend melden, vgl. § 38 SGB III. Grundsätzlich besteht diese Pflicht somit auch für Referendare. Bei Referendaren besteht allerdings die Besonderheit, dass sie erst in der mündlichen Prüfung erfahren, ob sie das Examen bestehen. Entsprechend erfahren Sie auch erst am Tag der mündlichen Prüfung, ob das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis endet oder nicht. Deshalb reicht es für Referendare aus, wenn sie sich innerhalb von drei Tagen nach dem Ende des Referendariats, also der bestandenen mündlichen Prüfung, arbeitslos melden. Sollte euch das Arbeitslosengeld aufgrund einer zu späten Meldung als arbeitssuchend gekürzt werden, solltet ihr euch gegen die Kürzung wehren. Hierfür ist insbesondere ein Urteil vom Bayrischen Landessozialgericht hilfreich, wonach die Meldung innerhalb von drei Tagen ausreicht (Urteil vom 27.01.2015 - L 10 AL 382/13).
b. Arbeitslos melden
Außerdem müssen sich Arbeitnehmer grundsätzlich am Tag nach der Arbeitslosigkeit arbeitslos melden. Für Referendare genügt es aufgrund der „plötzlichen“ Arbeitslosigkeit wiederum, sich innerhalb von drei Tagen arbeitslos zu melden. Referendare melden sich deshalb in der Regel am gleichen Tag bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend und arbeitslos. Für die Meldungen benötigen Referendare lediglich einen Personalausweis. Allerdings ist es hilfreich, bereits einen aktuellen Lebenslauf und die relevanten Zeugnisse in Kopie mitzubringen. Diese benötigen Referendare spätestens bei einem späteren Beratungstermin mit der Agentur für Arbeit. Manchmal freuen sich die Sachbearbeiter, wenn Referendare die Unterlagen bereits mitbringen.
Sowohl die Meldung als Arbeitssuchend als auch die Arbeitslosmeldung können Referendare auch online auf der Internetseite der Agentur für Arbeit vornehmen.
3. Arbeitssuchend
Außerdem müssen Referendare arbeitssuchend sein. Arbeitslose, die die Aufnahme einer angemessenen Arbeit ablehnen oder an Maßnahmen der Agentur für Arbeit nicht teilnehmen, etwa Beratungsgesprächen, drohen Sanktionen. Dazu gehört es auch, dass das Arbeitslosengeld gekürzt werden kann. Allerdings sind die Anforderungen nicht hoch, um als „arbeitssuchend“ zu gelten. Referendare sollten an den Maßnahmen der Agentur für Arbeit teilnehmen und plausibel darlegen können, dass sie sich tatsächlich um eine Arbeit bemühen. Dafür ist es allerdings nicht erforderlich, direkt hunderte Bewerbungen zu verschicken. Vielmehr genügt es, sich innerhalb der ersten Monate bei passenden Kanzleien oder anderen Arbeitgebern zu bewerben.
Wenn Referendare dann einen Arbeitsvertrag unterschrieben haben, lässt die Agentur für Arbeit die Referendare in Ruhe. Dafür reicht es allerdings aus, wenn der Arbeitsvertrag erst in mehreren Monaten beginnt. So ist es möglich, recht ungestört das Arbeitslosengeld 1 zu beziehen.
Wie hoch ist das Arbeitslosengeld 1?
Die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld 1 bemisst sich nach dem gesamten Gehalt der letzten 12 Monate. Von dem Bruttogehalt der letzten zwölf Monate werden die Steuern und 20 % als Pauschalbetrag für die Sozialversicherungen abgezogen. Dieses Ergebnis wird durch 365 geteilt und ergibt das sog. Leistungsentgelt. Beim Arbeitslosengeld 1 erhalten Empfänger 60 % dieses Leistungsentgeltes pro Tag. Für die Berechnung des Arbeitslosengeldes wird ein voller Monat der Arbeitslosigkeit mit 30 Tagen angesetzt.
Beispiel:
Tipp: Mit diesem Rechner der Bundesagentur für Arbeit könnt Ihr euren Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 berechnen.
Vereinfacht gesprochen erhalten Empfänger also 60 % des durchschnittlichen Nettogehalts der letzten 12 Monate.
Das Arbeitslosengeld 1 muss nicht versteuert werden. Außerdem übernimmt die Agentur für Arbeit die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung.
Beim Arbeitslosengeld 1 beträgt die maximale Auszahlung für unverheiratete Bezieher ohne Kinder ca. 2.500 € im Monat.
Möglichkeiten, den Anspruch auf ALG zu erhöhen
Es gibt einige Möglichkeiten, wie Referendare die Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld 1 beeinflussen können.
- Höhe der Vergütung in der Anwalts- und Wahlstation: Der einfachste Weg, das Arbeitslosengeld zu erhöhen, besteht darin, die Bemessungsgrundlage zu erhöhen. Entsprechend ist es für Referendare entscheidend, das Einkommen in den letzten zwölf Monaten des Referendariats zu steigern. Dies gelingt etwa, indem Referendare sowohl in der Anwalts- als auch der Wahlstation darauf achten, einen Stationsgeber auszuwählen, der eine hohe Vergütung zahlt. In einigen Großkanzleien ist es möglich, bis zu 7.500 € im Monat zu verdienen, zusätzlich mit der Unterhaltsbeihilfe ist es – je nach Anrechnungsmodalitäten in dem jeweiligen Bundesland – somit möglich, in der Wahlstation bis zu 9.000 € im Monat zu verdienen.
- In der Anwaltsstation die Vergütung strecken: Referendare, die tauchen und eine Stationsvergütung erhalten, sollten ebenfalls darauf achten, dass die Vergütung über die ganze Anwaltsstation verteilt ausgezahlt wird, damit ein möglichst großer Teil der Vergütung der Anwaltsstation in den letzten zwölf Monaten des Referendariats liegt.
- Wohngeld beziehen: Bezieher von Arbeitslosengeld 1 haben häufig auch Anspruch auf Wohngeld. Mit dem Wohngeld unterstützt der Staat Menschen mit einem geringen Einkommen, damit diese sich eine Wohnung leisten können. Die Berechnung des Wohngeldes ist sehr kompliziert, weshalb eine kompakte Darstellung hier nicht möglich ist. Für ehemalige Referendare, die nach dem Referendariat Arbeitslosengeld 1 beziehen, ist es allerdings sinnvoll, den Anspruch auf Wohngeld zu prüfen, da häufig ein Anspruch auf einen niedrigen dreistelligen Betrag im Monat besteht.
Folgende Links sind für die Frage, ob ein Anspruch auf Wohngeld besteht, hilfreich:
- Wohngeldrechner
- Kompakte Darstellung
Zulässige Nebentätigkeiten beim Bezug von ALG 1
Bezieher des Arbeitslosengeld 1 müssen, wie der Name verrät, arbeitslos sein. Allerdings gibt es hiervon zwei Ausnahmen:
- Minijob: Das Einkommen aus einem Minijob, der für mindestens 12 Monate innerhalb von 18 Monaten vor der Arbeitslosigkeit ausgeführt wurde, wird nicht angerechnet (vgl. § 155 Abs. 2 i. V. m. § 138 Abs. 3 SGB III).
- 165 € im Monat: 165 € dürfen Bezieher des Arbeitslosengeld 1 im Monat anrechnungsfrei hinzuverdienen. Auch darf maximal 15 Stunden in der Woche gearbeitet werden, vgl. § 138 Abs. 3 SGB III, sonst liegt keine Arbeitslosigkeit vor.
Wie lange können Referendare ALG 1 beziehen?
Nach dem Referendariat haben Referendare zwölf Monate lang einen Anspruch auf Arbeitslosengeld 1.
Verpflichtungen während des Bezuges von ALG 1
1. Arbeitssuche
Die Agentur für Arbeit verfolgt das Ziel, Arbeitslose so schnell wie möglich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Deshalb müssen sich Bezieher des Arbeitslosengeld 1 um Arbeit bemühen. Beziehern, die sich nicht um Arbeit bemühen, kann das Arbeitslosengeld 1 gestrichen werden. Allerdings bedeuten diese Anforderungen nicht, dass es erforderlich ist, die ganze Zeit der Arbeitssuche zu widmen. Vielmehr genügt es, wenn man sich innerhalb der ersten Monate konkret um eine Arbeitsstelle bemüht (s. o.). Um das Bemühen nachzuweisen, ist es erforderlich, regelmäßig mit der Agentur für Arbeit zu sprechen. Allerdings meldet sich die Agentur für Arbeit in der Regel von sich aus. Die Termine mit der Agentur für Arbeit sollten ehemalige Referendare nicht verpassen, sonst droht die Kürzung der Leistungen. Nachdem Bezieher einen Arbeitsvertrag unterschrieben haben, lässt einen die Agentur für Arbeit in der Regel in Ruhe. Wenn man eine entspannte Zeit haben möchte, ist es – wie dargestellt – empfehlenswert, sich möglichst schnell um Arbeit zu bemühen und den Arbeitsvertrag erst später beginnen zu lassen.
2. Kein Urlaub
Auch wenn das Arbeitslosengeld 1 sehr attraktiv ist, sollten Referendare bedenken, dass es nicht möglich ist, das Arbeitslosengeld 1 während einer längeren Reise zu beziehen. Während des Bezuges von Arbeitslosengeld 1 darf maximal 21 Tage im Jahr Urlaub gemacht werden. Während der weiteren Urlaubszeiten entfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld 1. Dauert ein Urlaub länger als sechs Wochen, entfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 sogar ganz und es muss nach der Rückkehr ein neuer Antrag auf Bezug von Arbeitslosengeld 1 gestellt werden.
Was ist Arbeitslosengeld 2 (ALG 2)?
Referendare, die nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, also verbeamtete Referendare (s. o.), haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld 1. Solche Referendare haben lediglich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld 2. Der Bezug von Arbeitslosengeld 2 ist deutlich unattraktiver als der Bezug von Arbeitslosengeld 1.
Folgende Unterschiede zwischen dem Arbeitslosengeld 1 und 2 sind für Referendare relevant:
- Bedürftigkeitsprüfung: Arbeitslosengeld 2 wird nur bei Bedürftigkeit ausgezahlt. Das Arbeitslosengeld 1 enthält keine Bedürftigkeitsprüfung.
- Vermögensanrechnung: Arbeitslosengeld 2 wird nur bei Vermögenslosigkeit ausgezahlt. Beim Arbeitslosengeld 1 erfolgt keine Vermögensanrechnung.
- Auszahlungshöhe: Das Arbeitslosengeld 2 beträgt nur wenige hundert Euro im Monat, dazu kommen Leistungen für Wohnung und Heizen. Auch orientiert sich das Arbeitslosengeld 2 nicht am vorherigen Gehalt.
Alternativen zum Bezug von Arbeitslosengeld
Alternativ zum Bezug von Arbeitslosengeld ist es auch möglich, eine kurzfristige Beschäftigung aufzunehmen.
Folgende Jobs bieten sich hierfür an:
- Wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kanzlei: In vielen (Groß-)Kanzleien ist es möglich, sehr spontan anzufangen zu arbeiten. Ehemalige Referendare, die nicht direkt als Anwalt anfangen möchten, können auch als Wissenschaftliche Mitarbeiter anfangen. Das hat auch nach dem zweiten Staatsexamen viele Vorteile. Zum einen ist die Vergütung hoch, bei recht planbaren Arbeitszeiten, in vielen Kanzleien arbeiten Wissenschaftliche Mitarbeiter deutlich weniger als Anwälte. Außerdem besteht die Möglichkeit, eine Kanzlei anzuschauen und herauszufinden, ob das Team zu einem passt. Des Weiteren können Wissenschaftliche Mitarbeiter auch nur zwei oder drei Tage in der Woche arbeiten, sodass es möglich ist, genügend Zeit für andere Aktivitäten zu haben.
- Klausuren korrigieren: Es besteht auch die Möglichkeit, nach dem Referendariat Klausuren zu korrigieren. Hierzu sollten ehemalige Referendare allerdings bedenken, dass die Vergütung recht niedrig ist und – aufgrund des absolvierten Referendariats – das erworbene Fachwissen keine Relevanz mehr hat. Wer trotzdem Klausuren korrigieren möchte, sollte wissen, dass an privaten Hochschulen, z. B. der Bucerius Law School, die Vergütung deutlich höher ist als an staatlichen Universitäten oder kommerziellen Repetitorien. Wenn Ihr mehr über die Korrektur von Klausuren erfahren wollt, lest gerne unseren Beitrag dazu.