Jura-Referendariat
Auswahl Bundesland

Die wichtigsten Kriterien zur Auswahl des Bundeslandes im Jura-Referendariat

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Tobias Escherich
Aktualisiert am 
20.7.2024
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Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Ausgestaltung des Referendariats und des zweiten Staatsexamens ist in jedem Bundesland unterschiedlich. Deswegen steht man mit Beginn des Referendariats vor der Frage, in welchem Bundesland man das Referendariat absolviert.  
  • Folgende Kriterien sind bei der Auswahl des Bundeslandes besonders wichtig: Ausbildungsangebot, Gewichtung der mündlichen Prüfung, Zulassungsvoraussetzungen, Vergütung und Anrechnung der Nebentätigkeit.
  • Bei der Auswertung der Examensergebnisse ist es sehr wichtig, die Zulassungsvoraussetzungen zu berücksichtigen.

Stationen im Referendariat

Ablauf und Dauer der Stationen

Ein wichtiger Aspekt des Referendariats ist es, die juristische Praxis kennenzulernen. Deshalb erfolgt die Ausbildung auch nicht an einer Universität, sondern bei Gerichten, Staatsanwaltschaften, Rechtsanwälten usw. Die einzelnen Aufenthalte bei Gericht, Anwälten usw. werden dabei Stationen genannt.

Die konkreten Modalitäten für diese Stationen variieren zwischen den einzelnen Bundesländern. Zwar gibt es in allen Bundesländern eine Station beim Zivilgericht, Strafgericht bzw. der Staatsanwaltschaft, in der Verwaltung, bei einem Rechtsanwalt und eine Wahlstation. Doch gibt es etwa in Hamburg noch eine zweite Wahlstation, sodass man im Rahmen des Hamburger Referendariats die Möglichkeit hat, sich noch mehr Bereiche der juristischen Praxis anzuschauen. Auch schwankt die Dauer der einzelnen Stationen je nach Bundesland. Beispielsweise ist die Station am Zivilgericht in manchen Bundesländern 5 Monate lang, während sie in anderen nur 3 Monate dauert. Für die eigene Entscheidung, in welchem Bundesland man das Referendariat absolvieren möchte, sollte man sich deshalb anschauen, welche Ausgestaltung der Stationen einem am meisten zusagt.  

Wenn Ihr Euch genauer über die Ausgestaltung des Referendariats in den einzelnen Bundesländern informieren wollt, schaut Euch gern unsere Übersichten mit den wichtigsten Regelungen und Abläufen in den einzelnen Bundesländern an.

Freiheit bei der Wahl der Stationen

Den Ort der Ausbildung kann man sich bei manchen Stationen im Referendariat selbst aussuchen. Typischerweise kann man sich aussuchen, bei welcher Behörde man die Verwaltungsstation absolvieren möchte, bei welchem Rechtsanwalt man die Anwaltsstation verbringt und wo man die Wahlstation ablegt. Allerdings sind auch hier die genauen Modalitäten zwischen den einzelnen Bundesländern uneinheitlich. So gibt es manche Bundesländer, die es nicht zulassen, Stationen im Ausland zu absolvieren, während dies in anderen Bundesländern möglich ist. Auch machen manche Bundesländer Vorgaben, dass nur ein Teil der Stationen in anderen Bundesländern verbracht werden darf. Dies kann die Freiheit bei der Wahl der Station erheblich einschränken. Deshalb ist es empfehlenswert, sich vor dem Beginn des Referendariats darüber Gedanken zu machen, was man in den einzelnen Stationen sehen möchte, um dann zu schauen, in welchen Bundesländern eine solche Wahl möglich ist.

Theoretische Ausbildung

Die praktische Ausbildung im Rahmen der Stationen bereitet nicht vollständig auf das zweite Staatsexamen vor. Deshalb bieten die Bundesländer zusätzlich Arbeitsgemeinschaften an, in denen zusätzliches Wissen vermittelt wird. Teilweise gibt es auch besondere Veranstaltungen, die auf das zweite Staatsexamen vorbereiten. Allerdings schwanken die Qualität und Quantität der Ausbildungsangebote zwischen den einzelnen Bundesländern und ist auch vom konkreten Ausbilder abhängig. Manche Bundesländer bieten – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – eine sehr umfangreiche und qualitativ hochwertige Ausbildung an. Für die eigene Entscheidung ist es erstens wichtig zu wissen, welcher Lerntyp man selbst ist. Lernt man etwa gerne eigenständig, dann können die Ausbildungsangebote eher störend sein, da häufig eine Anwesenheitspflicht besteht, sodass die Angebote viel Zeit kosten, ohne Euch etwas zu bringen. Auch ist es wichtig, sich über die konkreten Modalitäten der Ausbildungsangebote zu informieren, denn es kann passieren, dass die Ausbildungsangebote deutlich besser klingen, als sie dann später tatsächlich sind. Hilfreich können hierzu etwa unsere Berichte über das Referendariat in den einzelnen Bundesländern sein.

Zweites Staatsexamen

Die Staatsexamina – und damit auch das zweite Staatsexamen – haben für Juristen insgesamt eine sehr hohe Bedeutung. Im Rahmen des Referendariats wird in jedem Bundesland das zweite Staatsexamen geschrieben, die genauen Modalitäten sind allerdings nicht einheitlich. Deshalb empfiehlt es sich, bei der Wahl des Bundeslandes die Ausgestaltung des zweiten Staatsexamens im Blick zu haben.

Anzahl und Rechtsgebiete der Examensklausuren

Von besonderer Bedeutung ist zum einen, wie viele Klausuren geschrieben werden und wie die Aufteilung der Klausuren auf die einzelnen Rechtsgebiete ist. Zum einen schwankt die Anzahl der Klausuren zwischen den Bundesländern, in Bayern werden zum Beispiel 9 Klausuren geschrieben, in den meisten Ländern hingegen nur 8 Klausuren. Auch die Aufteilung der Klausuren zwischen den einzelnen Rechtsgebieten ist unterschiedlich. So gibt es Bundesländer, in denen vier Klausuren im Zivilrecht geschrieben werden, während es in anderen Bundesländern nur 2 sind. Zudem variieren die prüfungsrelevanten Inhalte, während in Bayern auch das Steuerrecht prüfungsrelevant ist, werden etwa in Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein keine besonderen Kenntnisse im Landesrecht erwartet.

Bezüglich all dieser Punkte müsst Ihr Euch überlegen, welches Bundesland Euch am meisten zusagt.

Gewichtung und Ausgestaltung der mündlichen Prüfung

Bezüglich der mündlichen Prüfung sind zwei Aspekte von hoher Bedeutung. Einerseits sollte man den Inhalt der Prüfung berücksichtigen. So muss man in einigen Bundesländern im Rahmen der mündlichen Prüfung einen Aktenvortrag halten, während es in anderen Bundesländern ausschließlich Prüfungsgespräche gibt. Außerdem schwankt die Anzahl der Prüfungsgespräche in Abhängigkeit vom Bundesland.

Andererseits ist die Gewichtung der mündlichen Prüfung wichtig. So fließt die mündliche Prüfung in Niedersachsen, Brandenburg, Berlin und weiteren Bundesländern mit 40 % in das Gesamtergebnis ein, während das Ergebnis der mündlichen Prüfung u. a. in Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein nur 30 % zählt. Aufgrund der unterschiedlichen Gewichtungen solltet Ihr Euch also überlegen, ob Euch mündliche Prüfungen liegen oder nicht. Auf Basis dieser Selbsteinschätzung könnt Ihr dann für Euch entscheiden, ob Ihr das Referendariat lieber in einem Bundesland absolvieren möchtet, in dem die mündliche Prüfung ein hohes oder ein niedriges Gewicht hat.  

Wichtig: Examensergebnisse richtig auswerten!  

Neben der Ausgestaltung der Prüfungen haben auch die Examensergebnisse eine hohe Bedeutung. Häufig wird dem Anteil an Prädikatsexamen und nicht bestandenen Examen (sog. Durchfallquote) eine hohe Bedeutung beigemessen. Bevor man allerdings den Schluss zieht, dass eine hohe Prädikatsquote bedeutet, dass die Examina in den Bundesländern einfacher seien, muss man berücksichtigen, wie die Anforderungen für die Einstellung in dem Bundesland sind. Beispielsweise hat Hamburg traditionell eine sehr hohe Prädikatsquote (ca. 40 %), gleichzeitig waren allerdings die Anforderungen sehr hoch, um in Hamburg zeitnah zum Referendariat zugelassen zu werden. Häufig benötigt man hierfür ein zweistelliges Ergebnis im ersten Staatsexamen. Insofern erscheint es nicht sicher zu sein, dass man in Hamburg „einfacher“ ein Prädikatsexamen im zweiten Examen erreicht. Deshalb sollte man bei der Bewertung der Examensergebnisse immer die Einstellungsvoraussetzungen des Bundeslandes im Blick haben.

Zugelassene Hilfsmittel

Ein weiterer Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt, sind die zulässigen Hilfsmittel. Die im Examen zugelassenen Hilfsmittel sind in den Bundesländern unterschiedlich, unter anderem gibt es einige Bundesländer, in denen im öffentlichen Recht keine Kommentare zugelassen sind. Bei der Gewichtung dieses Aspektes sollte man allerdings bedenken, dass die Hilfsmittel für alle Prüflinge gleich sind und die Klausuren auch auf die zugelassenen Hilfsmittel angelegt sind, sodass wir diesem Aspekt kein hohes Gewicht beimessen würden.

Umfeld

Bei der Auswahl des Bundeslandes sollte man außerdem das eigene Umfeld in den Blick nehmen. Wichtig ist insbesondere die Frage, ob man das Referendariat nutzen möchte, um eine neue Stadt und neue Menschen kennenzulernen oder ob man in seinem bisherigen Umfeld bleiben möchte. Für den Fall, dass man das eigene Umfeld nicht verlassen möchte, beschränkt sich der Blick meist auf ein oder wenige Bundesländer. Insgesamt sollte man bedenken, dass man im Rahmen des Referendariats viele neue Menschen kennenlernt, sodass sich das Referendariat sehr gut eignet, um in einer neuen Stadt Anschluss zu finden. Liebäugelt man also schon länger mit einer Stadt, dann stellt das Referendariat eine gute Gelegenheit dar, in diese Stadt zu ziehen.

Pendeln

Ferner sollte man bei der Wahl des Bundeslandes berücksichtigen, ob man bereit ist, zu pendeln. In der Zivil- und Strafstation wird man einem Gericht zugeordnet. Somit kann es in Flächenstaaten passieren, dass man weit entfernten Gerichten zugeteilt wird, mit der Konsequenz, dass man weit pendeln muss. Dies kann viel Zeit und Nerven kosten. Möchte man das Pendeln vermeiden, sollte man die Stadtstaaten (Hamburg, Berlin und Bremen) in Betracht ziehen. Aufgrund der geringen Größe der Bundesländer sind die Distanzen recht kurz.

Einstellungs­voraussetzungen / Wartezeit

Im Rahmen der Auswahl des Bundeslandes für das Referendariat empfiehlt es sich, nur solche Bundesländer in Betracht zu ziehen, bei denen es wahrscheinlich ist, dass man eingestellt wird. Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollte man sich mit den jeweiligen Einstellungsvoraussetzungen beschäftigen. Für die Bundesländer haben wir diese in den jeweiligen Übersichten zusammengetragen. Für den Fall, dass man die Voraussetzungen aktuell nicht erfüllt, bedeutet dies jedoch nicht, dass das Referendariat in diesem Bundesland überhaupt nicht absolvieren kann.

In fast allen Bundesländern wird ein Teil der Plätze auch über eine Warteliste vergeben, sodass man in der Regel mit ein wenig Geduld auch einen Platz im Wunschbundesland erhält. Die Warteplätze werden meist nach der Dauer der Wartezeit vergeben. Somit ändert sich die erforderliche Wartezeit mit jedem Einstellungstermin, sodass keine festen Aussagen über die erforderliche Wartezeit getroffen werden können. Um grob abschätzen zu können, welche Wartezeit erforderlich ist, veröffentlichen manche Einstellungsbehörden im Internet die kürzeste Wartezeit, die im jeweiligen Einstellungstermin einen Platz angeboten bekommen hat. Sollte Euer Bundesland diese Daten nicht veröffentlichen, ist es immer einen Versuch wert, bei der Einstellungsbehörde nach Erfahrungswerten zu fragen.

Neues Landesrecht

Wenn man sich überlegt, dass Referendariat in einem anderen Bundesland zu absolvieren als das Bundesland, in dem man das erste Staatsexamen abgelegt hat, ist es wichtig zu bedenken, dass das Landesrecht in jedem Bundesland anders ist. Auch wenn das Verwaltungsrecht in vielen Bundesländern ähnlich ist, sollte man trotzdem bedenken, dass es Zeit kostet, die Besonderheiten der jeweiligen Rechtsordnungen kennenzulernen. Insgesamt sollte man allerdings berücksichtigen, dass die Unterschiede häufig mit geringem Aufwand erlernt werden können. Zudem gibt es mit Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein – wie bereits erwähnt – auch Bundesländer, in welchen das Landesrecht keine Prüfungsrelevanz besitzt. Somit stellt das neue Landesrecht kein Hindernis, aber doch eine Hürde da bei der Frage, ob man für das Referendariat das Bundesland wechselt.  

Geld

Als letzten Punkt sollte man auch die Höhe der Unterhaltsbeihilfe und der Lebenshaltungskosten berücksichtigen. Je nach persönlichem Bedarf kann die Unterhaltsbeihilfe in manchen Bundesländern sehr knapp bemessen sein. Insbesondere in Städten mit hohen Mieten kann die Unterhaltsbeihilfe nahezu vollständig von der Miete aufgefressen werden, sodass für alle weiteren Kosten kein Geld mehr übrig bliebe. Bei der Wahl des Bundeslandes sollte man deshalb schauen, ob man sich das Leben in dem Bundesland bzw. der Stadt, in der man leben will, leisten kann.  

Möchte man sich im Referendariat Geld im Rahmen einer Nebentätigkeit hinzuverdienen, sollte man sich außerdem mit den Hinzuverdienstregeln auseinandersetzen. Schließlich bringt es Euch nichts, im Rahmen einer Nebentätigkeit Geld zu verdienen, welches Euch dann von der Unterhaltsbeihilfe abgezogen wird. Auch hierzu findet Ihr konkrete Informationen zu den einzelnen Bundesländern in unseren Übersichten.

Fazit

Bei der Wahl des Bundeslandes, in dem man das Referendariat absolviert, handelt es sich um eine ähnlich wichtige Entscheidung wie die Wahl der Universität, an der man studiert hat. Deshalb empfiehlt es sich, diese Entscheidung nicht bloß aus dem Bauch heraus zu fällen, sondern eine bewusste Entscheidung zu treffen, die alle Aspekte berücksichtigt, die einem wichtig sind.

Häufig gestellte Fragen

Welche Faktoren sollte man bei der Auswahl des Bundeslands für das Referendariat berücksichtigen?
Die wohl wichtigsten Faktoren bei der Wahl des Bundeslandes sind: die Modalitäten der Ausbildungsstationen, die Qualität der Arbeitsgemeinschaften und sonstigen Ausbildungsangebote, die Ausgestaltung der schriftlichen und mündlichen Examensprüfungen, die durchschnittlichen Examensergebnisse, das persönliche Umfeld bzw. die eigene Lebensplanung, die Bereitschaft zu pendeln und die finanziellen Rahmenbedingungen.
Wie groß ist der Aufwand für das Referendariat ein neues Landesrecht zu lernen?
Auch wenn es auf den ersten Blick anders erscheinen mag, ist der Aufwand ein neues Landesrecht zu erlernen relativ gering. Einerseits muss man nur in einigen wenigen Rechtsgebieten das andere Landesrecht lernen und andererseits unterscheidet sich das Landesrecht in vielen Aspekten materiell kaum.
In welchem Bundesland ist das zweite Examen am einfachsten?
Dies Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. In Hamburg haben im Jahr 2021 ca. 43 % der Prüflinge ein Prädikat erreicht, was mit deutlichem Vorsprung auf Berlin die höchste Prädikatsquote war. Im Bundesdurchschnitt haben nur ca. 21,5 % der Prüflinge ein Prädikat geschafft. Allerdings unterscheiden sich die Länder auch im Hinblick auf die durchschnittliche Vornote im ersten Examen teils erheblich. Insbesondere Hamburg und Berlin haben hohe Anforderungen für eine zeitnahe Einstellung ins Referendariat.